Zum Buch von Georg Quaas: „Die ökonomische Theorie von Karl Marx“

Gute Bücher sollten zum Nachdenken anregen, das nicht nur mit anschließendem Nicken endet, sondern auch zum Diskutieren animiert. In dem vorliegenden Buch finde ich beides gegeben.

Ungewöhnlich ist, wie an die Werterklärung herangegangen wird: auf mathematischem

Weg. Nur auf konventionellen Wegen zu wandern, bringt die Wissenschaft nicht unbedingt weiter. Neue Richtungen einzuschlagen, beflügelt andere, mitzumachen und mit den neuen Gedanken noch mehr Unbekanntes zu erkunden, ganz nach dem Motto dieser Webseite – „Wissenschaftliche Freiheit“.
In diesem Sinne freue ich mich auf eine spannende Diskussion zur Arbeitswerttheorie, deren Ausgang, zumindest aus meiner Sicht, noch völlig offen ist.

Georg Quaas zeigt, dass Wert und Gebrauchswert, auch in Verbindung mit Angebot und Nachfrage, mathematisch exakt berechnet werden können. Um zum Wert zu gelangen, beginnt er nicht mit der typischen Wertformel W = c + v + m, sondern geht den Weg über die Berechnung des Gebrauchswertes und gelangt darüber zum Wert.

Ein Beispiel für eine lineare Funktion, mit der der Wert errechnet werden soll, lautet: W(a) = u(A) * t(A), wobei W(a) die Wertgröße des Arbeitsproduktes a, A den Produktionsprozess, u den Proportionalitätsfaktor für den Kompliziertheitsgrad der Arbeit und t die Zeitdauer des Arbeitsprozesses darstellen.

Entsprechend dieser Formel soll der Wert im Arbeitsprodukt untergebracht oder zumindest bereits auf der Produktionsseite der Warengesellschaft fest mit diesem verknüpft werden.

Doch das kann aus meiner Sicht nicht funktionieren. Der Wert ist ein gesellschaftliches Verhältnis. Kann man ein gesellschaftliches Verhältnis in (zunächst potenziellen) Waren unterbringen oder durch die Produktion fest mit diesen verknüpfen?

In meinem ersten Diskussionsbeitrag zur Interpretation der Arbeitswerttheorie, wie sie in dem Buch „Die ökonomische Theorie von Karl Marx“ herausgearbeitet wird, möchte ich mich auf das Thema Ware und Wert konzentrieren. Meine Gedanken dazu werde ich nicht umfassend erläutern. Die Diskussion soll die Schwerpunkte setzen, anhand derer sie gezielter fortgesetzt werden kann.

Können Waren Wert haben?

Engels formuliert eine grundlegende Aussage zur Ökonomie:

„Die Ökonomie handelt nicht von Dingen, sondern von Verhältnissen zwischen Personen und in letzter Instanz zwischen Klassen; diese Verhältnisse sind aber stets an Dinge gebunden und erscheinen als Dinge.“ (Engels /1/)

Das sollte demzufolge auch auf den Wert zutreffen, da dieser zu den grundlegenden Kategorien zählt, die von der Ökonomie untersucht werden und mit denen sie arbeitet. Der Wert stellt seinem Wesen nach ein Verhältnis zwischen Menschen dar.

Konkret bilden Tauschpartnern den Wert im Rahmen eines Wertverhältnisses unter sich heraus und er wirkt auch zwischen ihnen. Das Ziel, das die Tauschpartner mit dem Wertverhältnis verfolgen, ist der wertäquivalente Tausch einer Ware gegen ein Wertäquivalent (letzteres meist in Form von Geld). Ware und Wertäquivalent sind die Bezugspunkte eines solchen Wertverhältnisses.

Bei Marx sind Formulierungen dieser Art nicht zu finden, doch ich denke, dass ich diese Aussage gut begründen kann im weiteren Verlauf der Diskussion.
Da die Ware nach der klassischen Interpretation der Arbeitswerttheorie nur in dinglicher Form gesehen und damit nur als Dingliches getauscht wird, erscheint der Wert beim Tausch auch als etwas Dingliches. Hier ein Beispiel bezogen auf den Dienstleistungsbereich: „Nun gibt es aber sowohl Eigentum als auch Warenproduktion und Warentausch, also vergegenständlicht sich die mit der Dienstleistung verausgabte abstrakt menschliche Arbeit im Wert von Dingen, die sich – per definitionem – im Eigentum Dritter befinden.“ (G. Quaas /2/, S. 198)

Das steht im Widerspruch zur eingangs zitierten Aussage von F. Engels. Nach ihm kann es den Wert nur auf der gesellschaftlichen Ebene geben, folglich nur zwischen Menschen. Ein Wertverhältnis zu vergegenständlichen würde bedeuten, die Beziehung zwischen Käufer und Unternehmer / Verkäufer in das Produkt einzubauen. Aus meiner Sicht ist das unmöglich. Wo ein Wertverhältnis wirklich wirkt und wo nicht, ist im folgenden Bild dargestellt:


Bild WLi 1: Der Wert wird als ein gesellschaftliches Verhältnis von Tauschpartnern untereinander gebildet.

Auf dem Bild WLi 1 stehen sich ein potenzieller Käufer sowie ein Unternehmer als potenzieller Verkäufer gegenüber (vereinfachte Darstellung ohne den Handel). Der Unternehmer hat eine potenzielle Ware im Eigentum, die der Käufer erwerben möchte. Der Käufer hat Geld im Eigentum (oder in der Verfügungsgewalt – je nach rechtlicher Lage). Der Unternehmer eröffnet mit seinem Angebot der Ware auf dem Markt einseitig ein Wertverhältnis, das zunächst unvollständig ist. Er bringt seine potenzielle Ware, verbunden mit dem Erwartungswert in Gestalt des Angebotspreises, in dieses Wertverhältnis ein. Der Erwartungswert verdeutlicht, was der Unternehmer als Wertäquivalent beim Verkauf der Ware erwartet.

Sollten sich beide auf eine gemeinsame Wertgröße einigen, im Dialog auf dem Basar oder durch einseitige Anpassung des Käufers an die Wertvorstellung des Unternehmers (analog zum Kaufhaus), können sie das gemeinsame Wertverhältnis mit dem Tausch erfolgreich beenden. Die gemeinsame Wertgröße wäre dann der reale Wert, den beide in ihrem Wertverhältnis herausgebildet und genutzt hätten.

Auf der rechten Seite im Bild ist festgehalten, wo es den Wert nicht geben kann: in (potenziellen) Waren, zwischen Waren, zwischen Menschen und Waren und der Wert ist auch nicht allein durch die Produktion mit einer potenziellen Ware fest verbunden.

Fazit:

Wert ist ein Verhältnis zwischen Menschen.
Wert kann demzufolge nicht in Gegenständen untergebracht werden. Ware und Geld sind Bezugspunkte eines Wertverhältnisses. Mit der Produktion einer potenziellen Ware wird folglich kein Wert, sondern nur ein möglicher Bezugspunkt für eine Wertbeziehung in das Produkt hineingebracht.

Medien
/1/ Friedrich Engels: Karl Marx, „Zur Kritik der Politischen Ökonomie“ (1859); in: MEW 13, S. 476 [1]
/2/ Georg Quaas, Die ökonomische Theorie von Karl Marx, S. 198, Metropolis-Verlag 2016

20 Gedanken zu „Zum Buch von Georg Quaas: „Die ökonomische Theorie von Karl Marx“

  1. 1. Das Buch entwickelt ein kohärentes mathematisches Modell der ökonomischen Theorie von Karl Marx in ihrer reifsten Form. Jede Überprüfung und Kritik, die das Modell widerlegen oder auch nur korrigieren will, muss sich auf das „Kapital“ Band 1 beziehen, nicht auf Sraffa, Morishima oder sonst wen. Völlig irrelevant ist, was sich der einzelnen Anhänger, Gegner oder Verbesserer von Marx unter dieser Theorie vorstellt. Denn auch diese Vorstellungen wären erst einmal am „Kapital“ zu überprüfen. Die Vorstellungen einer Reihe von prominenten Anhängern, Gegnern und Verbesserer von Marx sind von mir im Buch mit dem Original konfrontiert worden. Es übersteigt aber die Kräfte eines einzelnen Menschen, alle mehr oder weniger klugen Interpretationen zu berücksichtigen.

    2. Das Bild im Beitrag von Rainer Lippert stellt sehr schön dar, was er sich unter einem „gesellschaftlichen Verhältnis“ vorstellt: ein Verhältnis zwischen Personen. Das ist aber ein soziales Verhältnis. (Peter Ruben hat auf den Unterschied zwischen sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen mehrmals hingewiesen.) Gesellschaftliche Verhältnisse sind nach Marx (MEW 3/29f.) komplexer, nämlich über das Zusammenwirken mehrerer Individuen in Bezug auf einen Gegenstand vermittelt. t(A) ist der mathematische Ausdruck für die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, und diese ist durch die Bedingungen, unter denen ein bestimmter Gebrauchswert durch unkoordiniert nebeneinander laufende Arbeitsprozesse einer warenproduzierenden Gesellschaft hergestellt wird, bestimmt. Es handelt sich um den gewichteten Durchschnitt der individuellen Arbeitszeiten, eine im Prinzip zwar messbare Größe, aber nicht unter den Bedingungen der freien Konkurrenz. Das ist klarerweise ein gesellschaftliches Verhältnis im Sinne von Marx. Des Weiteren umfasst die kritisierte Formel den Kompliziertheitsgrad der Arbeit – ebenfalls ein gesellschaftliches Verhältnis, wenn auch ein sehr spezielles, nämlich ein ökonomisches, das neben der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit die Größe des Wertes bestimmt, der einem Gebrauchswert zugeordnet wird, wenn er als Ware produziert wird.

  2. Genau, es geht um die Arbeitszeit – deswegen auch Arbeitswerttheorie. Aber es geht nicht nur um die Arbeitszeit, es geht auch um die Arbeitsergebnisse. Wertverhältnisse sind Verhältnisse, die Menschen miteinander eingehen, Wertverhältnisse gehen Tauschpartner miteinander ein, um wertäquivalent eine Ware gegen ein Wertäquivalent zu tauschen. Was wertäquivalent ist, wird ihnen nicht von Maschinen errechnet, sondern die Menschen verarbeiten ihre Eindrücke von den Tauschgütern. Wert kann nicht von den Menschen getrennt werden.

    Die Reihenfolge im Ablauf der Wertbildung ist wichtig. Sie lautet nicht
    Arbeitszeit ==> Wert ==> Angebot des Wertes mit Gebrauchswert ==> Tausch zum Wert, über Wert, unter Wert oder Nicht-Tausch, sondern
    Arbeitszeit ==> Arbeitsergebnisse als potenzielle Bezugspunkte für mögliche Wertverhältnisse ==> Angebot mit Erwartungswert ==> Einschätzung des Arbeitsergebnisses ==> Wert durch Tausch; bei voller Akzeptanz werden die Aufwendungen c und v ersetzt und der erwartete Mehrwert wird bezahlt; findet sich kein Käufer, war die aufgewandte Arbeit gesellschaftlich nicht nützlich und damit nicht wertbildend. Letzteres entspricht voll und ganz der Auffassung von Marx:
    Karl Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie, S. 12
    “ Die Gebrauchswerte der Waren werden also als Gebrauchswerte, indem sie allseitig die Stellen wechseln, aus der Hand, worin sie Tauschmittel, übergehen in die Hand, worin sie Gebrauchsgegenstände. Nur durch diese allseitige Entäußerung der Waren wird die in ihnen enthaltene Arbeit nützliche Arbeit.“ (nützlich im ökonomischen Sinn; der Autor).

    Ein Beispiel:
    Ein Regenschirm-Produzent produziert Regenschirme, die er gut verkaufen kann. Doch Produzenten sind gierig und wollen immer mehr Gewinn. Sein progressiver Sohn nahm am Kongress „Marx is muss 2018“ teil und hat dort gelernt, dass der Wert durch die Arbeitszeit bestimmt wird.
    Der Papa möchte das prüfen und er lässt Löcher in die Schirmbespannungen stanzen. Damit erhöht er die für die Schirme benötigte Arbeitszeit und er erhofft sich dadurch einen noch größeren Gewinn.
    Doch der Erfolg bleibt aus. Das wird daran liegen, dass die potenziellen Käufer die Arbeitsergebnisse vor dem Kauf einschätzen.

    Auf S. 65 im hier diskutierten Buch ist als Beispiel aufgeführt:
    „…wenn der Wert eines Rockes doppelt so groß als der von 10 Ellen Leinwand [ist], [haben] 20 Ellen Leinwand dieselbe Wertgröße wie ein Rock.“ (Marx 1890;58)
    Stimmt das? Das kann durchaus in einem Tausch so ausgehandelt werden. Doch stimmt das auch noch bei 20 Röcken, sind die so viel wert (exakt: wird auf diese die gleiche Wertgröße bezogen) wie (auf) 400 Ellen Leinwand?
    Wenn nur 15 Röcke benötigt werden, dann würden dafür, bei diesem Wertverhältnis, 300 Ellen Leinwand abgegeben werden. Wenn niemand anderes die verbleibenden 5 Röcke kauft, war die dafür aufgewandte Arbeitszeit gesellschaftlich nicht nützlich und damit nicht wertbildend.
    Somit könnte die Arbeitszeit, die für die 20 Röcke aufgewandt wurde nicht mehr mit der gleichen Umrechnung mit der Arbeitszeit, die für 400 Ellen Leinwand aufgewandt wurde, verglichen werden.
    Sollten zufällig auch 100 Ellen Leinwand nicht verkäuflich bleiben, würde es wieder stimmen. Doch diese Annahme gibt die Formel nicht her.
    Die Gleichsetzung 20 Ellen Leinwand = 1 Rock setzt den Markt bereits voraus. Nur wird das nicht explizit angegeben. Außerdem wurde auch diese Gleichsetzung nur über Wertverhältnisse herausgebildet, wie sie oben im Bild zu sehen sind.

    Der Wert wurde in der Gesellschaft herausgebildet, um nicht zeitbasiert zu tauschen, sondern um zeitbasiert in Verbindung mit den Arbeitsergebnissen zu tauschen, sonst könnten die Produktionskosten als Tauschgrundlage dienen.
    Die Marxsche Wertformel W = c + v + m beinhaltet beides, den Aufwand und das Ergebnis, und das auch im oben grafisch dargestellten Wertverhältnis: Der Unternehmer bringt in das Wertverhältnis seinen Erwartungswert ein – W|erwartet = c|Kostenfaktor; Ersatz erwartet + v|Kostenfaktor; Ersatz erwartet + m|erwartet. Der Käufer bringt das Wertäquivalent ein, mit dem üblicherweise c und v ersetzt werden und der erwartete Mehrwert bezahlt wird (was nur funktioniert, wenn der Käufer auch c und v ersetzt) – W|real = c|ersetzend + v|ersetzend + m|real. Das ist ein wirkliches gesellschaftliches Verhältnis, das beide miteinander eingehen, denn sowohl die gemeinsame Wertgröße als auch der Tausch finden auf der gesellschaftlichen Ebene statt und der Wert wird von beiden zusammen gebildet (Wertbildung ist verschieden von der Bildung der Bezugspunkte für die Wertbeziehung).

    Diese Wertgröße ist völlig objektiv, aber an die Menschen gebunden, was auch bei einem gesellschaftlichen Verhältnis gar nicht anders sein kann. Der Wert steht im Kaufvertrag und sowohl der Käufer als auch der Unternehmer spüren nach dem Tausch objektiv anhand der aktuell zur Verfügung stehenden Kaufkraft, dass der Wert objektiv war.
    Ein Wert auf Basis von t(A) wäre ein ideeller, denn der würde keinem gesellschaftlichen Verhältnis entsprechen. Der würde nur im Bereich des Eigentums des Unternehmers als Wunschgröße existieren.

  3. Wenn Sie ein Zitat von Marx aufschreiben und dann fragen „Stimmt das?“, so ist doch klar, dass Sie sich vom „Kapital“, das ich modelliert habe, distanzieren. Bei der Modellierung einer Theorie geht es erst einmal nicht darum, ob das Modell mit der Realität übereinstimmt, sondern zunächst darum, ob es mit der Theorie übereinstimmt.

    Im Übrigen wird der „gesellschaftliche Gebrauchswert“, auf dem Sie herumreiten, in den Kapiteln 4 und 5 meines Buches einbezogen. Ich folge dabei genau der Struktur des „Kapital“, dort wird das Verhältnis von Angebot und Nachfrage (nach Leinen, nicht Regenschirmen) ab S. 121 dargestellt. Grundlage ist der Wert, der ein gegenständlicher Ausdruck der Produktions- (!) Verhältnisse ist und nicht der Marktverhältnisse (auch wenn Heinrich das anders sieht).

  4. Wert – auf der Produktionsseite der Warengesellschaft oder auf der Marktseite

    Zitat aus Ihrem Blogeintrag: „Grundlage ist der Wert, der ein gegenständlicher Ausdruck der Produktions- (!) Verhältnisse ist und nicht der Marktverhältnisse.“

    Diese Aussage ist nicht ganz exakt. Das kann anhand der Wertformel von Marx gezeigt werden.
    Der Wert dient dem wertäquivalenten Tausch von Ware gegen Wertäquivalent.
    Zunächst zwei allgemeine Aussagen von Marx zum Wert, aus denen hervorgeht, dass der Wert erst auf dem Markt zustande kommt:

    Zwei Zitate von Marx
    „Ein Arbeitsprodukt, für sich isoliert betrachtet, ist also nicht Werth, so wenig wie es Waare ist. Es wird nur Werth, in seiner Einheit mit andrem Arbeitsprodukt, oder in dem Verhältniß, worin die verschiedenen Arbeitsprodukte, als Krystalle derselben Einheit, der menschlichen Arbeit, einander gleichgesetzt sind.“ Karl Marx: MEGA II/6, 31

    Die Gleichsetzung kann nicht absolut errechnet werden, sondern muss auf dem Markt erfolgen. Unter anderem das folgende Zitat sowie mein Regenschirmbeispiel machen das deutlich.

    Karl Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie, S. 12
    „Die Gebrauchswerte der Waren werden also als Gebrauchswerte, indem sie allseitig die Stellen wechseln, aus der Hand, worin sie Tauschmittel, übergehen in die Hand, worin sie Gebrauchsgegenstände. Nur durch diese allseitige Entäußerung der Waren wird die in ihnen enthaltene Arbeit nützliche Arbeit.“ Hier kann ergänzt werden „und damit wertbildende Arbeit.“

    „Nützlich“ bedeutet gesellschaftlich nützlich, d. h. für andere nützlich. Damit wird darauf hingewiesen, dass für den Wert der Tausch notwendig ist. Einen Wert, der nur auf t(A) basiert, kann es damit nicht geben.

    Tausch und Wertverhältnis
    Der Tausch findet nicht in der Produktionssphäre statt. Mit der Produktion werden nur Voraussetzungen, mögliche Bezugspunkte, für mögliche Wertbeziehungen und damit für die Wertbildung geschaffen, mehr nicht. Ein gesellschaftliches Verhältnis zwischen Tauschpartnern (die oben zitierten Aussagen von Marx zeigen, dass der Wert mit dem Tausch zusammenhängt, folglich mit Tauschpartnern) kann nicht in potenzielle Waren eingebaut werden. Und der Wert kann auch nicht zwischen der potenziellen Ware und dem gesellschaftlichen Umfeld wirken.

    Die Wertformel zeigt den Ort der Wertbildung
    Der Wert ist für den Tausch wichtig und der Tausch für den Wert notwendig.
    Beim Wert geht es um den Tausch von Eigentum gegen Eigentum in wertäquivalenter Höhe.
    Die Wertformel W = c + v + m zeigt das: Der Unternehmer bringt seine Ware mit dem Angebotspreis ein, der potenzielle Käufer sein Wertäquivalent. Da der Wert erst auf dem Markt gebildet wird, reicht eine Wertformel aus, die auf den Markt angewendet werden muss: W = c + v + m, wobei c und v eigentlich nicht die Produktionskosten sind, sondern das, was der Käufer davon ersetzen will. Der Mehrwert m ist das, was der Käufer als Mehrwert zusätzlich neben dem Ersatz der Produktionskosten c und v bezahlt. Das bezahlt er erst auf dem Markt, nicht mit der Produktion. Der Mehrwert ist das Ziel der Produktion. Um dieses Ziel zu erreichen, muss es dem Unternehmer gelingen, den Käufer dazu zu bewegen, die Produktionskosten zu ersetzen und zusätzlich den Mehrwert zu bezahlen.

    Würde der Wert in der Produktionssphäre geschaffen werden, würde die Wertformel lauten müssen W = c|Kostenfaktor + v|Kostenfaktor + m|erwartet. Mehr ist auf der Produktionsseite nicht gegeben.
    Für m|erwartet kann ein hoher Wert eingesetzt werden. Für die reale Rechnung ist dieser Wert Null, da es auf der Produktionsseite keinen Mehrwert gibt, den bezahlt erst der Käufer auf dem Markt. So bleiben nur die Kosten übrig. Die bilden aber nicht den Wert.

    Marx und die Wertformel
    Marx beschreibt die Wertbildung mit der Wertformel für den folgenden Spezialfall: Alle Waren werden mit den erwarteten Mehrwerten verkauft. Nur in diesem Fall kann die Wertformel sowohl auf die Produktions- als auch auf die Marktseite angewendet werden. Diese Voraussetzung kann man daraus ableiten, dass Marx im Zusammenhang mit dem Wert praktisch nicht von nicht absetzbaren Produkten und auch nicht davon spricht, dass Produktverkäufe zu weniger als den erwarteten Mehrwerten oder sogar zu „negativen Mehrwerten“ führen.
    Für sein Hauptziel, die Darstellung der kapitalistischen Ausbeutung, war dieser Weg übersichtlicher und ausreichend.

    Wert – nur zwischen Tauschpartnern
    Die Wertformel heißt auch nicht W = u(Produktionsverhältnisse) x (c + v + m) oder ähnlich, wobei u der Umrechnungsfaktor für die Produktionsverhältnisse auf den Wert sein soll. Der Wert wird nur zwischen Käufer und Verkäufer gebildet – zum Tauschzeitpunkt. Genau das zeigt die Wertformel, nicht mehr und nicht weniger. Wenn die Wertformel für das gesellschaftliche Verhältnis Wert steht, kann dieses nur zwischen Käufer und Unternehmer wirken.
    Vor dem Tausch ist der Wert nur als Erwartungswert gegeben, nach dem Tausch ist er verschwunden. Ob das gekaufte Produkt erneut zu einer Ware wird, kann nicht aus dem vergangenen Wertverhältnis abgeleitet werden.

    Der gesellschaftliche und der natürliche Kontext
    Der Tausch wird im gesellschaftlichen und im natürlichen Kontext durchgeführt, ist von beiden beeinflusst und kann in seiner konkreten Gestalt nicht ohne diese Einflüsse erklärt werden.
    Diese Einflüsse gehen aber nicht direkt in den Wert ein, sondern vermittelt über die Tauschpartner, werden folglich von der Wertformel für das Wertverhältnis W = c + v + m erfasst und gehen ein in den Angebotspreis sowie in das Wertäquivalent. Beim Wertäquivalent sind die Einflüsse vor allem im Mehrwert enthalten, aber in einigen Fällen auch darin, dass der Käufer nicht einmal die Aufwendungen c und v des Herstellers zu ersetzen bereit ist.

  5. Korrektur: Im Abschnitt Marx und die Wertformel muss es richtig heißen „… dass Marx im Zusammenhang mit dem Mehrwert und der Ausbeutung praktisch nicht von nicht absetzbaren Produkten …“

  6. Sie kritisieren das Modell wieder an Ihren eigenen Vorstellungen und nicht am Original. Die Formel W = c + v + m ist sehr primitiv, obwohl sie ziemlich viele Sachverhalte zusammenfasst. Marx wäre niemals als Theoretiker in die Geschichte eingegangen, wenn das alles wäre, was er der Menschheit an ökonomischen Einsichten geliefert hätte. „Das Kapital“ zeigt die ökonomischen Verhältnisse auf, die aus Sicht der Arbeitswerttheorie hinter diesem Zusammenhang stehen und die den „Ausbeutungseffekt“ produzieren. Diese Verhältnisse habe ich umfassend und widerspruchsfrei modelliert. Klarerweise kann man – wenn man will – daraus wieder die obige Formel ableiten (siehe Formel 6.35). Für sich genommen ist sie ziemlich bedeutungslos. Auf keinen Fall lassen sich damit die einfachen und abstrakten Sachverhalte „totschlagen“, die bei Marx dazu dienen, eben jenen Zusammenhang Schritt für Schritt zu erklären. Eben das haben Sie in den letzten Kommentaren versucht.

    Sollten Sie sich jemals entschließen, den Inhalt des Buches ernst zu nehmen, hinter dem 40 Jahre Forschung stehen, so können wir gern weiter diskutieren. Aber ich sehe keinen Sinn darin, mich mit jedermanns Vorstellungen herumzuschlagen. Wie ich Ihnen schon per E-Mail schrieb, ist meine Hoffnung, dass sich irgendjemand sozusagen neben seine Überzeugungen, was Marx angeblich geschrieben hat und sagen wollte, stellt, gleich Null. Wenn Glauben und Argumente aufeinander treffen, siegt immer der Glauben.

    Meine Hoffnung ruht auf den jungen Leuten, die „Das Kapital“ ernsthaft studieren und verstehen wollen und die mit einigen dunklen Stellen darin nicht klar kommen. Denen wird das Buch weiterhelfen. Und das schöne an dieser Hoffnung ist, dass diejenigen, denen es tatsächlich geholfen hat, sich oftmals getrieben fühlen, mir das mitzuteilen. Und wenn es nur die zwei wären, die sich in den zwei Jahren seit Erscheinen bereits gemeldet haben, hätte sich das Schreiben schon gelohnt.

    Sie können natürlich weiter nach Herzenslust kommentieren. Vielleicht findet sich ja jemand, der so ähnlich denkt wie Sie.

  7. Einiges verstehe ich, aber anderes nicht.
    Was ich zum Wert schreibe, ist vollständig begründet und bisher habe ich noch kein Argument gelesen oder gehört, das dagegenspricht, auch nicht in dem hier diskutierten Buch.

    Was ich schreibe schmälert auch in keiner Weise das Werk von Marx. Die Beschreibung, wo der Wert als gesellschaftliches Verhältnis entsteht, ist doch nur ein winziges Element seines Werkes.

    Doch was nutzt im Rahmen der Analyse der Ausbeutung die Annahme, dass der Wert und damit der Mehrwert auf der Produktionsseite der Warengesellschaft entstehen würden, wenn der Unternehmer die wirklichen Mehrwerte von den Käufern der Waren erhält? Was ist an solch einer Ansicht unwissenschaftlich?

    Es ist auch unbestritten, dass die Arbeit die Grundlagen für Wertbeziehungen schafft. Aber Wertverhältnisse schließen die Bewertung der Arbeitsergebnisse ein.

    Die Arbeitswerttheorie ist sogar genialer und umfassender, als Marx sie selbst gesehen hat und als sie bisher interpretiert wird. Dazu möchte ich gern noch einen Kommentar unterbringen, muss aber dazu noch jemanden fragen, weil ich zu dem, was ich schreiben möchte, einen wichtigen Gedankenanstoß erhielt.

    Meine Ansichten habe ich übrigens schon Mitte der 80ger Jahre diskutiert, fast in der Art wie jetzt auch. U. a. hat mich damals Frau Professor Müller der Universität Leipzig damals zu einer Diskussion über die Arbeitswerttheorie eingeladen, nachdem ich ihr meine Ansichten schickte.

  8. Dreimal einen Satz geändert und dann zu schnell abgeschickt – so entsteht so etwas wie der letzte Abschnitt in meinem vorigen Kommentar – pardon!

    Die Arbeitswerttheorie und die Arbeitskräfte

    Bei Marx und in dem Buch vom Herrn Dr. Quaas wird an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass der Wert nur mittels menschlicher Arbeit geschöpft würde.

    Nicht nur menschliche Arbeit schafft Voraussetzungen für Wertbeziehungen
    Die Wertformel von Marx, W = c + v + m, zeigt keine Beschränkung der oben genannten Art.
    Marx ging davon aus, dass der Wert durch menschliche Arbeit auf der Produktionsseite der Warengesellschaft vergegenständlicht würde.
    Doch wie ich hier zeigen konnte, werden durch die Produktion nicht die Werte, sondern nur die Voraussetzungen, die Bezugspunkte für Wertbeziehungen und damit der Werte geschaffen.

    Bezugspunkte für Wertbeziehungen sind Qualitätsmerkmale
    Fast alle Rohstoffe kommen nicht direkt als Bezugspunkte für übliche Wertbeziehungen in Frage. Aus diesem Grunde wird mittels Produktion die Qualität von Rohstoffen und anderen Eingangsgrößen so weit erhöht, dass die Resultate den Bedürfnissen entsprechen und sie so Anforderungen für den Tausch genügen: Aus Rohmaterial werden Schrankteile geformt und zusammengefügt, Rohre gezogen usw. Auf die Produktionsergebnisse werden Wertverhältnisse bezogen (jedoch nicht zwangsweise). Diese potenziellen Bezugspunkte für Wertbeziehungen sind allgemein gesprochen Resultate von Qualitätserhöhungsprozessen.

    Maschinelle Arbeit
    Wenn Tauschpartner Wertverhältnisse miteinander eingehen, ist es für sie jedoch nicht wichtig, auf welche Art die Qualitätserhöhungsprozesse zustande kamen. Für sie ist auch unwichtig, wer oder was die für Wertbeziehungen notwendigen Qualitätserhöhungen an den Ausgangsmaterialien vollzog. M. a. W. die Bezugspunkte für Wertbeziehungen können nicht nur durch menschliche Arbeitskraft gestaltet werden.
    Betrachten wir eine Maschine. Die Maschine ist eine Arbeitskraft ähnlich wie eine menschliche: Sie wird gekauft wie ein Sklave oder gemietet wie ein Leiharbeiter. Sie sorgt durch ihre maschinelle Arbeit für Qualitätserhöhungen, die wiederum Grundlagen für Wertbeziehungen bilden. Sie braucht Eingangsmaterial, das sie verarbeitet, genau wie menschliche Arbeitskräfte.
    Dazu verbraucht sie, wie menschliche Arbeitskräfte, Existenzmittel: Strom, Kühlwasser, Öl. Sie kann „krank“ werden und muss repariert werden, sie bekommt Bildung (Softwareupdates, Erweiterungen). Schließlich muss sie beerdigt werden. Der Unternehmer kauft die Maschine, um aus deren Arbeitsergebnissen mehr an Einnahmen herauszuholen, als er an Eingangs- und Betriebskosten hineingesteckt hat, d. h. die Maschine muss für Mehrwert oder für Mehrwertanteile sorgen, genau wie einzelne menschliche Arbeitskräfte im Produktionsprozess. Sie kann demzufolge als Parameterwert v in die Wertformel eingesetzt werden wie die menschliche Arbeitskraft.

    Extremwertbetrachtung: Die Maschinen wurden und haben sich dermaßen weit entwickelt, dass sie sich selbst konstruieren und die Produktion von Gebrauchsgütern ohne menschlichen Eingriff organisieren und durchführen.
    Ob dann noch eine kapitalistische Gesellschaftsordnung mit Marktwirtschaft vorherrscht, kann man nicht vorhersehen.
    Aber sollte es noch die Marktwirtschaft geben, dann würden dem Eigentümer der voll autonomen Produktionseinrichtung weiterhin Kosten für Rohstoffe, Energie, Kommunikation usw. entstehen. Die Produktionsergebnisse würde er, genau wie es heute üblich ist, mit Mehrwert verkaufen wollen. Dabei würden maschinelle Arbeitskräfte fast allein Voraussetzungen für Wertbeziehungen schaffen (irgendetwas wird dem Eigentümer sicherlich an Aufgaben bleiben, z. B. die Verhandlungen mit Zulieferern) und somit auch fast allein für die Bildung der Voraussetzungen für hohe Mehrwertgrößen zuständig sein.
    Sicherlich würde es in einer solchen Gesellschaft so etwas wie das bedingungslose Grundeinkommen geben müssen.

    Die Natur
    Von Beginn der Diskussionen an, die ich zur Arbeitswerttheorie führe, habe ich die Natur immer als einen Mechanismus, der Qualitätserhöhungen für Wertbeziehungen herausbildet, einbezogen.
    Ein Freund hat sich mein Buch („Mit Marx zur Marktwirtschaft?“, Tectum Verlag 2017) angesehen und kam zu dem Schluss, dass es sinnvoll und dringend zu empfehlen sei, auf die Ökologie Bezug zu nehmen.

    Die Natur arbeitet wie eine Maschine
    Das ging lange durch meinen Kopf, bis ich bei der Lektüre des hier diskutierten Buches bemerkte, dass die Menschen wohl seit Beginn des Warentauschs die Natur direkt wie eine maschinelle Arbeitskraft nutzen. In einigen Fällen geben sie Rohmaterial hinein – Saatgut, Wasser, Futter für Tiere. Aus dem Produktionsprozess holen sie Getreide, Früchte, größere Tiere heraus.
    In anderen Fällen hat die Natur aufgrund ihrer Größe und ihres hohen Alters sehr viel Eingangskomponenten bereits selbst für den Menschen fast direkt nutzbar aufbereitet, so dass der Mensch nur noch die Resultate herausholen braucht: Kohle, Erdöl, Gold etc. Einige der Resultate von Qualitätserhöhungsprozessen der Natur werden dem ökonomischen Austausch unterworfen. Die Grundlagen dafür sind Eigentum und hinreichend stark ausgeprägte Bedürfnisse nach diesen Naturgütern:
    „Gäbe es kein Eigentum, würde sich die Dienstleistung in nichts von einer gewöhnlichen Arbeitsleistung unterscheiden. Allerdings gäbe es dann auch keine Waren …“ (S. 198), zu hinreichend starken Bedürfnissen, d. h. zur zahlungsfähigen Nachfrage S. 141
    Der Eigentümer solcher Naturgüter möchte sein konstantes Kapital, das er für die Gewinnung der Naturgüter verbrauchte (c), ersetzt bekommen, wie auch seine Existenzmittel (v). Zusätzlich möchte er Gewinn machen, so dass bezüglich der Naturgüter ganz normale Wertverhältnisse zustande kommen, wobei die Natur einen Anteil an v hat (oder haben sollte) und einen sehr hohen am Mehrwert m.

    Die Natur als Arbeitskraft
    Warum hat die Natur Anteil an v und m oder sollte daran Anteile haben?
    Was bisher arbeitswerttheoretisch nicht beachtet wurde, ist der Fakt, dass der Eigentümer, egal ob es sich um eine Privatperson, eine Genossenschaft, ein Unternehmen oder ein Land handelt, die Natur als Arbeitskraft im ökonomischen Sinne einsetzt. Die Natur bewerkstelligte oder bewerkstelligt die Qualitätserhöhungsprozesse, und die Resultate werden vom Eigentümer nicht verschenkt, sondern, gegenüber den Eingangsgrößen mit Gewinn verkauft, wie bei den Resultaten einer maschinellen Arbeitskraft. Der Eigentümer hat sich dazu einen Ausschnitt aus der Natur wie eine Maschine angeeignet. Nur bezahlt er für diese Arbeitskraft in vielen Fällen nicht hinreichend.
    Aufgrund der gewaltigen Größe fiel das lange Zeit nicht auf, weil die Natur als Arbeitskraft über ihre Existenzmittel auch ohne Zuteilung durch den Menschen verfügte. Doch mit der immer längeren und stärkeren Nutzung der Natur wurden wichtige Existenzmittel der Natur qualitativ verschlechtert. Jetzt braucht die Natur selbst zusätzliche Existenzmittel, da ihre gegebenen in vielen Fällen nicht mehr den Anforderungen für ihre normalen Funktionen genügen. Dafür hat der Eigentümer zu sorgen. Wo es keinen direkten Eigentümer gibt, sollte die gesamte Menschheit als Eigentümer gelten. Für die Arbeitskraft Natur müssen, genauso wie für menschliche und maschinelle Arbeitskräfte, die Existenzmittel bezahlt werden, damit ihr diese zur Verfügung gestellt werden können: Sauberes Wasser, saubere Luft, entseuchter Boden usw.
    An welchen Stellen und in welcher Art das notwendig ist, sind ökologische, politische und wirtschaftliche Entscheidungen, aber die Natur muss auch als Kostenfaktor Arbeitskraft v in den Wertbildungsprozess einbezogen werden.

  9. Ergänzung zur Vergegenständlichung

    Wert ist ein gesellschaftliches Verhältnis, wie auch das Eigentum. Der Wert ist an das Eigentum gebunden. Beide haben sehr viel gemeinsam, u. a. dass beide nicht vergegenständlicht werden können. ¬
    Stoffliche Dinge, aber auch geistige, wie Literatur und Patente, können lediglich Bezugspunkte von Wertverhältnissen, also von Wert, sowie von Eigentum sein.
    Beide Arten von gesellschaftlichen Verhältnissen existieren nur auf der gesellschaftlichen Ebene und werden nirgends hineingebracht, eingebaut oder ähnliches.
    Wird z. B. Eigentum in Form eines Gerätes unrechtmäßig entwendet, dann bleibt das Gerät als möglicher Bezugspunkt für Eigentum erhalten, nur der Ausgangspunkt des Bezugs wird verändert: Der Dieb muss kein vorheriges gesellschaftliches Verhältnis Eigentum aus- und ein neues in das entwendete Gerät einbauen.

    Ein gesellschaftliches Verhältnis vom Typ Wert wirkt beim Tausch von Eigentum gegen Eigentum zwischen den Inhabern des Eigentums (Personen, Institutionen …). Das gesellschaftliche Verhältnis Eigentum wirkt relativ dauerhaft zwischen dem Inhaber des Eigentums und der gesamten Gesellschaft und darüber hinaus.

    Die gesellschaftlichen Verhältnisse Wert und Eigentum werden von den Menschen auf der gleichen gesellschaftlichen Ebene gebildet und wirken nur dort. Verschieden sind die
    – Wege, wie diese gesellschaftlichen Verhältnisse gebildet werden,
    – die Funktion dieser Verhältnisse,
    – die Ziele, die mit diesen Verhältnissen verfolgt werden, sowie
    – die Partner in diesen Verhältnissen.
    Die Bezugspunkte sind prinzipiell dieselben. Die Verbindungen, welche die Menschen zu diesen Bezugspunkten herstellen, werden auf dem gleichen Weg hergestellt.
    Der Wert beschreibt die Eigentums-Äquivalenz auf der gesellschaftlichen Ebene beim Tausch von Eigentum gegen Eigentum, die fast immer in quantifizierter Form angegeben wird.

    In beiden Fällen ist das gesellschaftliche Verhältnis auch objektiv gegeben, obwohl es an die Menschen mit ihren Bewusstseinsprozessen gebunden ist, dort seinen Ursprung und ebenfalls ideelle Bezugspunkte hat, die notwendig sind für die Existenz des objektiven Anteils des jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisses.

  10. Sehr geehrter Herr Quaas,

    ich will auf den mir von Ihnen übermittelten Text „Ist der Mehrwert messbar“ reagieren. Ich habe diesen Text nun studiert und kann Ihnen zunächst mitteilen, dass ich ihn äußerst anregend fand. In meinem letzten Mail versprach ich, Sie in Stichworten über allfällige Differenzen zwischen unseren Positionen zu informieren, damit Sie in entscheiden können, ob es sich vielleicht für Sie lohnt, in mein Buch („Kritik des Arbeitswerts“) hineinzulesen.

    Ich stieß bei der Lektüre Ihres Textes auf drei Reibungspunkte zwischen unseren Positionen und möchte diese nun in aller Kürze stichwortartig anreißen. Vorher aber ein Wort zu einer ganz wichtigen Übereinstimmung: Wenn Sie feststellen dass man aus der analytischen Unterscheidung zwischen den Ebenen der Gebrauchswerte, Werte und Tauschwerte (Preise) keine ontologische Unterscheidung machen sollte (vgl. S. 102 Ihres Textes), bin ich ganz bei ihnen. Wesentliche Teile meiner Argumentation richten sich gegen derartige und andere Formen der Ontologisierung in der Rezeption der ökonomischen Theorie von Marx.

    Nun zu den erwähnten Reibungspunkten:

    1. Wenn Sie auf S. 103 f. aus der von Ihnen aufgezeigten „Modifikation des Werts durch den Preis“ die Erlaubnis zur „Verwendung der Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen für deskriptive Analysen und für den Test ökonomischer Theorien – einschließlich der von Marx“ ableiten, dann gehen Sie m.E. etwas zu weit. Ich bin zwar ebenfalls der Meinung, dass die in der VGR praktizierte Sichtweise der marxistischen Arbeitswert-Perspektive viel näher steht als der sonst übliche Ansatz der bürgerlichen Ökonomie bei den sog. Produktionsfaktoren. Und ich würde Ihnen auch dabei Recht geben, dass die VGR-Daten für deskriptive Deskriptionen und Theorietests verwendet werden können. Es ist dabei jedoch höchste Vorsicht geboten. Die Ergebnisse der nationalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen weichen nämlich systematisch von den Arbeitswerten ab, denn einerseits enthält jedes nationale Wertprodukt neben dem von der Arbeitsbevölkerung des betreffenden Staates geschaffenen Arbeitswert einen auf VGR-Basis nicht zu eruierenden (positiven oder negativen) Betrag, welcher in groben Zügen den (positiven oder negativen) Abweichung der jeweiligen nationalen Durchschnittsrendite von der allgemeinen Profitrate des Weltmarkts entspricht. Andererseits führen auch Vorsprünge bzw. Rückstände des jeweiligen Landes auf das mittlere weltweite Produktivitätsniveau und seine Macht- bzw. Ohnmachtspositionen auf dem Weltmarkt (Stichwort: Monopolstrukturen) zu entsprechend systematischen Abweichungen der jeweiligen Inlandspreise von den Arbeitswerten.

    2. Für Sie ist der Wert einer Ware ausschließlich durch die für ihre Herstellung gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit bestimmt und wird dann bloß nachträglich durch die jeweiligen Angebots-Nachfrage-Verhältnisse modifiziert, während für M. Heinrichs ‚monetäre Werttheorie‘ der Wert überhaupt erst auf dem Markt zustande kommt und daher „von vornherein durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage infiziert“ (S. 106) ist.

    Ich glaube so wie Heinrich, dass das Konzept eines von vornherein ‚markt-infizierten‘ Werts der Realität besser entspricht als die sowohl von ihrer inneren Logik als auch von ihrer Zeitstruktur her etwas zu einfach angelegte Denkfigur von ‚vorgängiger Determination und nachrangiger Modifikation‘. Denn tatsächlich ist der Arbeitswert schon IM Produktionsprozess durch die potentielle Nachfrage mitdeterminiert. Schon VOR allen nachträglichen Modifikationen durch das reale Nachfrageverhalten der Konsumenten antizipiert nämlich das den Wert mit Hilfe seiner Arbeitskräfte produzierende Kapital jene Nachfrage bzw. versucht sie durch gewisse Maßnahmen bei der Produktion konstant zu halten, wenn nicht gar zu stimulieren oder in bestimmte Richtungen zu lenken. Man denke beispielsweise an die sog. ‚geplante Obsoleszenz‘, also den geplanten vorzeitigen Verschleiß gewisser Produkte bzw. Produktbestandteile.

    Dazu drei ergänzende Bemerkungen:
    a) Auf S. 108 begründen Sie Ihre These, dass das gesamtgesellschaftliche Bedürfnis im Gegensatz zu Heinrichs Annahme keine Determinante des Werts sondern bloß des Marktwerts ist, damit, dass man andernfalls nicht sinnvoll von einer Abweichung des Preises vom Wert sprechen könne. Diese Sorge ist unbegründet. Denn der Preis kann trotz besagter Beteiligung des gesamtgesellschaftlichen Bedürfnisses an der Konstitution des Arbeitswerts von jenem Arbeitswert abweichen, weil es ja auch zahlreiche andere Ursachen für diese Abweichung gibt. Man denke etwa an den Produktionspreismechanismus, individuelle Produktivitätsvorsprünge des jeweiligen Anbieters, Monopolpreise, regionale Versorgungsengpässe, usw.
    b) Zu M. Heinrich: Wenn ich mich auch im vorliegenden Fall der Position M. Heinrichs anschließe, so bin ich doch kein Vertreter seiner Sicht auf das Wert-Preis-Verhältnis. Während nämlich für ihn der Rekurs auf Arbeitswerte eine bloße begriffliche Verständnisfunktion erfüllt, postuliere ich durchaus messbare Auswirkungen des Wertgetzes auf den Märkten.
    c) Zu Ihrer Denkfigur von ‚vorgängiger Determination und nachrangiger Modifikation‘: Beim Lesen Ihres Textes entstand bei mir der Eindruck, dass Sie generell das Verhältnis der Arbeitswertebene und der Nachfrageebene etwas zu linear denken. Mir schwebt eher eine dialektische Wechselbeziehung vor (genauere Ausführungen dazu in meinem Buch; insbesondere im Abschnitt I.3.c). Auch Ihre pauschale Übernahme von Zelenys Vorschlag, bei der Modellierung der ökonomischen Theorie von Karl Marx dessen Forumulierungen durch lineare Funktionen darzustellen (vgl. Ihr Text, S. 97), möchte ich in diesem Zusammenhang relativieren. So implizieren zum Beispiel Marxens krisentheoretische Annahmen durchaus die Möglichkeit, dass es vorübergehend zu Aufschaukelungen der Preisentwicklung kommt (Stichwort: Blasenbildung), die durch Exponentialfunktionen modelliert werden müssen.

    3. Auf S.108 ziehen Sie die Konsequenz aus Ihrer davor erläuterten Sicht auf das Wert-Preis-Verhältnis. Sie besteht darin, dass „die empirisch zu beobachtenden Differenz (sic!) des realisierten Marktpreises von (sic!) den Produktionskosten (Löhne, Gehälter, Vorleistungen und Abschreibungen) … den auf dem Markt und damit in der Gesellschaft anerkannten Mehrwert“ bilden – „ein quantitatives Objekt, das vom ökonomischen Mainstream als ‚Mark up‘ bezeichnet und thematisiert wird.“ Diese Schlussfolgerung impliziert, dass Sie die von Marx in Kapital III entfaltete Theorie des Produktionspreises zurückweisen, wofür ich in Ihrem gesamten Text keine inhaltliche Begründung finde. Ich gehe demgegenüber mit Marx davon aus, dass der Mechanismus der Konkurrenz um die beste Profitrate zur tendenziellen Umverteilung des Mehrwerts innerhalb der Kapitalistenklasse führt und damit eine systematische Abweichung des jeweiligen ‚Mark up‘ von dem im jeweiligen Produkt enthaltenen Mehrwert bewirkt. Im Sinne der Ausführungen von Farjoun und Machover halte ich es aber durchaus für möglich, dass diese Umverteilung nicht immer mit der Herausbildung einer Normalverteilung der beobachtbaren Profitraten um den Mittelwert der allgemeinen Profitrate einher geht.

    Nun noch eine abschließende Bemerkung, die keinen ummittelbaren Reibungspunkt zwischen unseren Texten betrifft, sondern eine unterschiedliche Betrachtungsperspektive anspricht: Mir geht es im Unterschied zu Ihnen weniger um die dogmengeschichtliche Frage, was Marx ‚wirklich meinte‘, als um die Skizzierung einer IN SEINEM GEISTE argumentierenden, in sich konsistenten und für heutige Bedürfnisse tauglichen Arbeitswerttheorie. Ob es also etwa irgendwo ein Marxzitat gibt, dem es widerspricht, wenn man das Ausmaß des gesellschaftlichen Bedarfs schon auf der Wertebene selbst ansetzt, interessiert mich weniger als die Frage, ob eine solche theoretische Annahme eine konsistente u. praktikable Werttheorie ermöglicht.

    Mit besten Wünschen für Ihre weiteren Arbeitsvorhaben und
    freundlichen Grüßen
    Karl Czasny

  11. Sehr geehrter Herr Czasny,

    Sie haben mit großer Treffsicherheit die Punkte benannt, auf die es mir ankommt. In meinem Buch werden diese Punkte ausführlich diskutiert und mit entsprechenden Aussagen aus dem Kapital Band 1 belegt. Denn mir geht es in dem Buch um die Modellierung jenes Werkes und nicht darum, eine neue Werttheorie zu erfinden. Insofern unterscheiden sich unsere Interessen, was bedeutet, dass wir wahrscheinlich nicht ins Gehege kommen. Ganz anders sieht es aus, wenn jemand so wie Heinrich behauptet, die Marx‘sche Werttheorie darzustellen. Ziemlich viele Passagen in meinem Buch sind Widerlegungen dieser Verfälschung, auch an Stellen, wo ich ihn (Heinrich) nicht explizit zitiere.

    Ich gehe davon aus, dass mit dem „Kapital“ Band 1 die objektive Wertlehre ihre bislang am meisten entwickelte Form erreicht hat. Daraus folgt, dass jeder Versuch, die Werttheorie jenseits von Marx weiter zu entwickeln, ins Abseits führt. Beispiele davon gibt’s neben Heinrich genug: Seton, Morishima, Schefold, Helmedag, etc. und auch Quaas 2001 (Arbeitsquantentheorie).

    Der Vorwurf der Linearität trifft mich nicht. Denn erstens handelt es sich um Marx‘ Theorie. Zweitens wird die Linearität schon mit dem Marktwert aufgehoben. Und drittens ist eine unterstellte Linearität allemal rationaler als die Behauptung, dass Werte sozusagen aus dem Nichts auf dem Markt hervorgezaubert werden. Ich bin Materialist.

    Mit freundlichen Grüßen
    Georg Quaas

  12. Zunächst antworte ich nur auf das folgende Zitat. Eine Antwort zu dem Hinweis auf die gesellschaftlichen Verhältnisse schicke ich später – der Text würde sonst zu lang werden

    Zu 1. Zitat 10. Oktober 2018, 08.33 „Jede Überprüfung und Kritik, die das Modell widerlegen oder auch nur korrigieren will, muss sich auf das „Kapital“ Band 1 beziehen …“

    Wenn fehlerfrei dargelegt wird, dass das Kapital, Bd. 1 falsche Aussagen zur Wertbildung liefert, dann wäre es unlogisch, damit Weiteres zur Wertbildung als gegeben zu belegen.

    Die Aussagen zur Wertdefinition und zum Mehrwert sind definitiv falsch:

    Zur Wertdefinition W = c + v + m

    Marx wendet diese Formel auf die Produktionsseite der Warengesellschaft an.
    Dort gibt es jedoch keinen Mehrwert. Dort kann nur ein erwarteter Mehrwert mehr oder weniger genau errechnet werden.

    Dass Marx den Mehrwert als produziert ansieht, bringt er auch im Bd. III zum Ausdruck:

    „Der Wert einer Ware ist gleich dem Wert des in ihr enthaltenen konstanten Kapitals plus dem Wert des in ihr reproduzierten variablen Kapitals, plus dem Zuwachs dieses variablen Kapitals, dem produzierten Mehrwert.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 159

    Auf solch einer Aussage können keine richtigen Erkenntnisse abgeleitet werden.

    Zum Mehrwert

    Der Mehrwert ist das Ziel der kapitalistischen Produktion. Doch der wird erst vom Käufer der Ware bezahlt, wenn überhaupt. Mehrwert bedeutet, dass der Unternehmer mit dem Verkauf der Ware mehr einnehmen will, als er für deren Produktion ausgegeben hat.

    Würde der Mehrwert produziert werden, bräuchte der Unternehmer die Ware nicht verkaufen, er würde bereits durch die Produktion den Mehrwert erhalten.

    In der Realität bezahlt nur(!) der Käufer den Mehrwert. Damit ihm das gelingt, muss er zuvor die Kosten c und v ersetzen. Damit wird deutlich, dass in die Wertformel W = c + v + m nicht die Produktionskosten, sondern deren Ersatz einfließt.
    Das wird auch mit dem Begriff Mehrwert deutlich gemacht: Der Käufer wird im Normalfall dem Unternehmer mehr für eine Ware bezahlen, als dieser für deren Produktion und Bereitstellung ausgegeben hat. Dazu ist es notwendig, dass der Käufer zunächst die Kosten c und v ersetzt.

    Sollte der Wert bereits in der Produktionssphäre, also vor dem Verkauf, auch nur bekannt werden, müsste dort jemand eine Glaskugel haben, die den späteren Verkauf sowie den Verkaufserlös anzeigt.

    Wenn die Wertformel erst auf den Markt angewendet werden kann, nämlich dann, wenn ein Käufer die Ware bezahlt, kann der Wert nicht vorher existieren. Der Wert als gesellschaftliches Verhältnis wird folglich erst auf dem Markt gebildet.

    Um eine fehlerhafte Theorie zu begründen, sollte nicht festgelegt werden, dass diese nur an ihrer fehlerhaften Beschreibung überprüft werden darf.

    Die Wertbildung ist verschieden von der Bildung der Grundlagen bzw. Voraussetzungen für mögliche Wertbeziehungen. Mit der Produktion werden Voraussetzungen für Wertbeziehungen geschaffen, mehr nicht. Inbegriffen sind die Voraussetzungen für Mehrwertzahlungen durch die Käufer. Doch dass Käufer die Produktionskosten ersetzen sowie Mehrwerte bezahlen, ist u. a. davon abhängig, wie sie die Arbeitsergebnisse einschätzen.
    Wert ist ein gesellschaftliches Verhältnis, keine Singularität.

    Nach Marx ist nur die gesellschaftlich nützliche Arbeit als wertbildende Arbeit qualifiziert. Werden die Arbeitsprodukte nicht verkauft, war die dafür aufgewandte Arbeit nicht für die Gesellschaft nützlich und verbleibt damit im Stadium privat. Über die gesellschaftliche Nützlichkeit und damit über den Wert wird jedoch erst auf dem Markt entschieden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Rainer Lippert

  13. Man kann auch eine komplett falsche oder erfundene Theorie modellieren. Die Güte eines Modells kann nur daran gemessen werden, wie korrekt es die modellierte Theorie wiedergibt. Das hat überhaupt nichts mit einer „Begründung“ der Theorie zu tun. Ein gutes, das heisst adäquates Modell ist die Voraussetzung dafür, eine Theorie anhand von Daten überprüfen zu können.

  14. Kurz zum Kommentar ‚Falsche oder erfundene Theorie modellieren‘
    Völlig richtig, das sehe ich auch so, das kann man tun – habe ich an der Uni auch gemacht mit „Kugelkoordinaten“ – als Spaß.
    Doch sinnvoll ist das nicht in jedem Fall. Nicht sinnvoll erscheint es mir, wenn dafür viel Geld ausgegeben würde.

    ====

    Hier zunächst weiter zum Kommentar vom 10.10.2018.
    Damit der Kommentar nicht zu lang wird, beschränke ich mich auf die gesellschaftlichen Verhältnisse.
    Ein Kommentar zu den Ausführungen zur notwendigen und Mehrarbeitszeit folgt.

    Zu 2. „Gesellschaftliche Verhältnisse“

    Zitat: „2. Das Bild im Beitrag von Rainer Lippert stellt sehr schön dar, was er sich unter einem ‚gesellschaftlichen Verhältnis‘ vorstellt: ein Verhältnis zwischen Personen. Das ist aber ein soziales Verhältnis. (Peter Ruben hat auf den Unterschied zwischen sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen mehrmals hingewiesen.) Gesellschaftliche Verhältnisse sind nach Marx (MEW 3/29f.) komplexer, nämlich über das Zusammenwirken mehrerer Individuen in Bezug auf einen Gegenstand vermittelt. t(A) ist der mathematische Ausdruck für die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, und diese ist durch die Bedingungen, unter denen ein bestimmter Gebrauchswert durch unkoordiniert nebeneinander laufende Arbeitsprozesse einer warenproduzierenden Gesellschaft hergestellt wird, bestimmt. Es handelt sich um den gewichteten Durchschnitt der individuellen Arbeitszeiten, eine im Prinzip zwar messbare Größe, aber nicht unter den Bedingungen der freien Konkurrenz. Das ist klarerweise ein gesellschaftliches Verhältnis im Sinne von Marx.“

    Wertverhältnisse und Arbeitszeiten I
    Was hier mit den Verhältnissen der Arbeitszeiten beschrieben wird, sind sehr wahrscheinlich keine gesellschaftlichen Verhältnisse – sie sehen mehr nach mathematischen Größenverhältnissen aus: Über die notwendige Arbeitszeit wird keine Wertbeziehung mit anderen arbeitszeitbasierten gesellschaftlichen Erscheinungen eingegangen oder ähnliches. Vielmehr setzen Menschen sie in Beziehung zu anderen Arbeitszeiten.
    Auf keinen Fall handelt es sich dabei um Verhältnisse, aus denen Werte im ökonomischen Sinn errechnet werden können, denn sie stehen erst nach Abschluss der Wertverhältnisse fest. Sie sind sekundär gegenüber den Wertbeziehungen und ergeben sich aus diesen: Was als „notwendige Arbeitszeit“ gilt, kann erst nach den Verkaufsaktionen, also nach der Bildung der Wertverhältnisse, erfasst werden: Die potenziellen Käufer schätzen vor dem Kauf zunächst die Ergebnisse der aufgewandten Arbeiten ein. Wenn ihnen die Arbeitsergebnisse hinreichend gut erscheinen, werden sie zu wirklichen Käufern und bezahlen das Wertäquivalent für die Waren. Damit anerkennen sie die aufgewandten Arbeiten als gesellschaftlich nützlich und damit als wertbildend – das entspricht auch der Marxschen Auffassung von der gesellschaftlich nützlichen Arbeit. Erst aus dem damit bezahlten Mehrwert kann das Verhältnis von notwendiger und Mehrarbeit für die Ware ermittelt werden. Aus vielen solcher Verkaufsaktionen können durchschnittliche Größen für die notwendige und die Mehrarbeit ermittelt werden. M. a. W. die Marktprozesse in Form von Kauf- und Nicht-Kaufvorgängen, verbunden mit erfolgten Mehrwertzahlungen (in den erwarteten Höhen, aber auch darüber und darunter), sind in dem „gewichteten Durchschnitt der individuellen Arbeitszeiten“ bereits inbegriffen.

    Wertverhältnisse und Produktionskosten
    Wertverhältnisse sind auf ökonomische Tauschvorgänge von Eigentum gegen Eigentum bezogen und haben das Ziel, diese wertäquivalent durchzuführen. Dazu wurde der Wert in der Gesellschaft herausgebildet, nicht um Produktionskosten von potenziellen Waren zu berechnen und erwartete Mehrwerte auf diese zu addieren, zumal der Verkauf der potenziellen Waren allein durch aufgewandte Arbeitszeiten noch nicht einmal sicher ist.

    Wertverhältnisse und Arbeitszeiten II
    Wertverhältnisse geht der Unternehmer mit den Arbeitern und Angestellten etc. ein, wenn er deren Arbeitskraft kauft. Die Arbeitskräfte arbeiten sodann im Rahmen seines Eigentums und bauen in diesem Rahmen keine weiteren Wertverhältnisse nach außen auf. Alle arbeitszeitbezogenen Handlungen erfolgen im Rahmen des Eigentums des Unternehmers und können somit keine Elemente von weiteren Wertverhältnissen, neben denen zum Kauf der Arbeitskräfte, sein.
    Zu weiteren Wertverhältnissen kann es erst kommen, wenn der Unternehmer die Arbeitsprodukte auf dem Markt anbietet, weil er damit die Arbeitsprodukte aus seinem privaten Bereich herausbringt. Diese Wertverhältnisse gehen jedoch vom Unternehmer aus, nicht von den Arbeitskräften und ihren Arbeitszeiten.

    Wertverhältnisse, soziale Verhältnisse und Einzelpersonen
    Tauschpartner in Wertverhältnissen sind in sehr vielen Fällen Unternehmen und keine Einzelpersonen. In keinem Fall, auch nicht bei Einzelpersonen, sind die Wertverhältnisse auf die beiderseitigen konkreten Verhältnisse zwischen den Tauschpartnern beschränkt.
    Wertverhältnisse sind eingebunden in die gesamte Gesellschaft. Das betrifft die Zuordnungen der Wertäquivalentgrößen zu den Zahlungsmitteln und zu den Waren, das betrifft den Tausch von Eigentum gegen Eigentum (Eigentum ist selbst ein gesellschaftliches Verhältnis) – beim ökonomischen Tausch geht es nicht um Sozialleistungen, die rechtlichen Absicherungen der ökonomischen Tauschvorgänge, die Steuerzahlungen, die Auswahl der Tauschgüter und Währungen sowie der Zahlungsmittel, die Frage, wird eine potenzielle Ware zur Ware oder nicht, in welcher Höhe wird der Wert gebildet und damit verbunden, in welcher Höhe die Kaufkraft (die selbst nur gesamtgesellschaftlich erklärt werden kann) mit dem Wertverhältnis übertragen wird und noch mehr. Das sind wirkliche gesellschaftliche Verhältnisse, denn sie gehen weit über soziale Beziehungen hinaus. Sehr viele Mitglieder der Gesellschaft sind direkt verbunden mit den Wertverhältnissen: Die Käufer, Unternehmer, Buchhalter und das Finanzamt, Kontrollorgane (für Lebensmittel, für die Einhaltung der Wettbewerbsregeln …), abgeschwächt alle Menschen im Währungsgebiet, die wirtschaftlich selbständig handeln und über diese vermittelt auch die wirtschaftlich Unselbständigen.
    Dass ein Unternehmer seine Waren über Wertverhältnisse verkauft, ist ebenfalls keine soziale Erscheinung, sondern eine in der Warengesellschaft notwendige Handlung. Die daraus resultierenden Verhältnisse zwischen den Käufern und dem Unternehmer sind folglich gesellschaftliche und keine sozialen Verhältnisse.

    Mit freundlichen Grüßen
    Rainer Lippert

  15. Sie irren sich bei der Interpretation des Begriffes „gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit“. Dieser Begriff bezieht sich ausschließlich auf die Sphäre der Produktion und verweist auf die Durchschnittbildung. Es handelt sich um „Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich-normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.“ Die Nachfrage auf dem Markt hat unmittelbar keinen Einfluss auf die ges. notw. Az und damit auf den Wert. Dass Sie das anders sehen, liegt an der Lektüre von Heinrichs Publikationen, der die Entstehung des Wertes auf den Markt verlagert. Das hat mit Marx wenig zu tun, auch wenn er ab und zu mal zitiert wird.

    Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit für die Herstellung von Gebrauchswerten einer bestimmten Sorte ist mathematisch gesehen das gewichtete arithmetische Mittel der individuellen Arbeitszeiten unabhängiger Produzenten und damit ein gesellschaftliches Verhältnis.

  16. Zitat: „Des Weiteren umfasst die kritisierte Formel den Kompliziertheitsgrad der Arbeit – ebenfalls ein gesellschaftliches Verhältnis, wenn auch ein sehr spezielles, nämlich ein ökonomisches, das neben der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit die Größe des Wertes bestimmt, der einem Gebrauchswert zugeordnet wird, wenn er als Ware produziert wird.“

    Kompliziertheitsgrad der Arbeit und gesellschaftliche Verhältnisse
    Der Kompliziertheitsgrad der Arbeit ist aus meiner Sicht kein gesellschaftliches Verhältnis, sondern eine gesellschaftliche Erscheinung, mit welcher Eigenschaften von Arbeiten beschrieben werden.
    Man kann die Kompliziertheit einer Arbeit mit der einer anderen vergleichen. Doch dabei kommt kein gesellschaftliches Verhältnis heraus. Die unterschiedliche Kompliziertheit verschiedener Arbeiten wird ohne Frage auf der gesellschaftlichen Ebene verglichen – weder die unbelebte Natur noch die Tierwelt interessieren sich dafür. Doch was verglichen wird, ist nur das Verhältnis, wie die Arbeiten oder die Arbeitsresultate im Vergleich zueinander eingeschätzt werden. Ein gesellschaftliches Verhältnis entsteht daraus nicht, erst recht kein Wertverhältnis.
    Gesellschaftliche Verhältnisse bestehen zwischen den Arbeitskräften, welche die unterschiedlichen Arbeiten ausführen (gleiche oder ungleiche Bezahlung, mögliche andere Vergünstigungen, Stellung im Betrieb usw.) aber auch das sind keine Wertverhältnisse (höchstens im Sinne der Verhältnisse der Einkommenshöhen, doch das wären keine Wertverhältnisse, die den wertäquivalenten Tausch Eigentum gegen Eigentum betreffen). Wirkliche Wertverhältnisse bezogen auf die Arbeitskräfte geht nur der Unternehmer mit den Arbeitskräften ein.
    Weder durch einfache, noch durch komplizierte Arbeit werden Waren und damit Werte produziert. Produziert werden nur potenzielle Waren. Ob sie zu realen Waren werden, wird auf dem Markt entschieden. Erst dann werden die einfachen und komplizierten Arbeiten wertrelevant, aber eben nicht direkt, sondern nur über die Werte der Arbeitskräfte.

    Würde Arbeit direkt Wert schaffen
    Würden durch bezahlte (oder auch unbezahlte) Arbeiten Werte direkt produziert werden, wären die Resultate solcher Arbeiten gesellschaftliche Verhältnisse und folglich die Resultate von einfachen und komplizierten Arbeiten unterschiedliche gesellschaftliche Verhältnisse. Dann wäre möglicherweise die Berechnung der Wertgrößen aus den Kompliziertheitsgraden der Arbeiten in Verbindung mit deren Aktivitätszeiten eine interessante Aufgabe.
    Doch Arbeit kann nur Bezugspunkte für mögliche Wertbeziehungen schaffen, folglich keine Werte und damit auch keine gesellschaftlichen Verhältnisse des Typs Wert. Somit kann erst im Nachhinein errechnet werden, mit welchen Aufwendungen an Arbeitskräften und welchen Kompliziertheitsgraden an Arbeiten welche Wertgrößen üblicherweise erreicht werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Rainer Lippert

  17. Zum Kommentar vom 14. Januar 2019, 17:57

    Genau, so sehe ich das, Wert kann nicht produziert werden. Wert wird als gesellschaftliches Verhältnis zwischen den Tauschpartnern gebildet. Produziert werden können nur Voraussetzungen für solche Wertbeziehungen.

    Die notwendige Arbeitszeit ist die bezahlte Arbeitszeit, während die Mehrarbeit nicht bezahlt wird. Das Verhältnis zwischen beiden kann nicht durch die Produktion bestimmt werden.
    Beispiel:
    Eine potenzielle Ware wird auf dem Markt angeboten und dazu mit einem Erwartungswert von €100 verknüpft. Dieser Erwartungswert wird vom Unternehmer berechnet nach
    W|erwartet = c|Kostenfaktor; Ersatz erwartet + v|Kostenfaktor; Ersatz erwartet + m|erwartet
    = €60 + €20 + €20 = €100.
    Nach Ihrer Interpretation der Arbeitswerttheorie würde der Wert errechnet werden nach
    W = c + v + m = €60 + €20 + €20 = €100.

    Doch in beiden Fällen wird der Mehrwert nicht produziert. Die Arbeitskräfte müssen vielmehr die potenzielle Ware so gut herstellen und die Marketing-Spezialisten müssen sie so gut anbieten, dass die Käufer den Mehrwert von €20 bezahlen.
    Sollte ein Käufer (in den meisten fällen werden Verkaufsketten oder Großhändler direkt bei Unternehmen einkaufen; aus Gründen der Übersichtlichkeit lasse ich diese Zwischenstufe(n) zum Endverbraucher weg) eine dieser potenziellen Waren mit dem erwarteten Mehrwert kaufen, würde er damit den Erwartungswert zum realen Wert machen. Damit würde die Mehrarbeit für dieses eine Stück 50% betragen, bei einem 8-Stunden Tag 4 Stunden.
    Sollte es dem Unternehmer nur gelingen, €10 als Mehrwert einzunehmen, dann würde die Gesamtarbeitszeit weiterhin 8 Stunden betragen, jedoch wäre der Anteil der Mehrarbeit nur noch 50% der erwarteten Arbeitszeit betragen, d. h. 1/3 der Gesamtarbeitszeit oder 2,67 Stunden bzw. ca. 2 Stunden + 40 Minuten.
    Sollte es dem Unternehmer überhaupt nicht gelingen, Mehrwert zu erlangen, wäre die gesamte Arbeitszeit notwendige Arbeitszeit.

    Äquivalent sieht es aus, wenn der Unternehmer 1000 Stück dieser potenziellen Waren herstellen lässt.
    Gelingt ihm der Verkauf aller 1000 Stück, dann kommt in der Summe der Erwartungswert von €100 x 1000 = €100.000 auch als realer Wert zustande.
    Kann er nur 500 Stück mit dem erwarteten Mehrwert verkaufen, doch die verbleibenden 500 Stück überhaupt nicht, wird nur ein Gesamtwert von €50.000 generiert. Für die nicht verkauften Produkte bleibt dem Unternehmer nur der Erwartungswert von €50.000. Die für die verbleibenden 500 Stück potenzielle Waren aufgewandten Arbeiten erweisen sich nicht als gesellschaftlich nützlich, verbleiben in den Status privat und nicht-wertbildend.
    Damit wird nur 50% der geplanten Mehrarbeit zur realen Mehrarbeit. Folglich steigt der Anteil der notwendigen Arbeit auch hier von 50% auf 66,7%.

    Die realen notwendigen Arbeitszeiten sowie entsprechend die realen Mehrarbeitszeiten können somit erst nach den Kauf- / Nicht-Kauf-Vorgängen auf dem Markt ermittelt werden.

    Es gibt noch eine zweite Sicht auf die notwendige Arbeitszeit. Karl Marx hat diese im Zusammenhang mit dem Fleiß / der Faulheit der Arbeitskräfte dargestellt: Der Wert wird nicht größer, wenn ein fauler Arbeiter länger arbeitet als ein anderer, um ein Produkt zu bearbeiten.
    Wenn alle Arbeitskräfte gleich faul oder gleich fleißig arbeiten, wäre das jeweils der Durchschnitt. Noch nicht einmal daraus kann abgeleitet werden, wie die Produkte auf dem Markt verkauft werden. Ein Navigerät kann z. B. bei Saturn €300 und bei Mediamarkt €350 kosten (das habe ich selbst erlebt), bei gleich fleißigen Arbeitskräften vermute ich. D. h. die in die realen Werte eingehenden Mehrwerte können sich auch bei gleichem Fleiß unterscheiden. Damit kommt es auch ohne Faulheits-Unterscheidung zu unterschiedlichen realen Wertgrößen.
    Doch was als gesellschaftlich durchschnittlich ermittelt wird, kann nur über den Markt ermittelt werden. Grenzwertbetrachtung: Es wird kein Produkt verkauft. Dann spielt es keine Rolle in Bezug auf den Verkauf der Endprodukte, wie faul oder fleißig die Arbeiter waren (bezogen auf den Energie- und Wasserverbrauch in den Unternehmern sieht das wahrscheinlich anders aus). Jegliche dieser Arbeiten gelten als nicht wertbildend.
    Welche Mehrwertgrößen bei welchen Arbeitsintensitäten zusammenkommen, kann nicht nur aus den Arbeiten abgeleitet werden. Der Verkauf, also der Markt, spielt dabei auch eine Rolle. Es kann auch nur für einen eng begrenzten Zeitraum und eng begrenzten Produktionsumfang erwartet werden, dass die Mehrwerte proportional zum Fleiß steigen. Wäre das anders, würde immer wenigstens ein Unternehmen immer und immer mehr produzieren und absetzen können. Doch so funktioniert die Wirtschaft nicht. Nicht nur auf die Arbeitszeiten kommt es an, sondern auch auf die Ergebnisse. Die werden erst auf dem Markt geld-relevant eingeschätzt.
    Nur die Mehrwerte, die real, d. h. von den Käufern auf dem Markt bezahlt werden, gehen in die realen Wertgrößen ein. All die erwarteten Mehrwerte von nicht verkauften Produkten oder von Produkten, die mit weniger als den erwarteten Mehrwerten verkauft wurden, sind entweder vollständig oder teilweise nur Wunschgrößen, die den Unternehmern nichts Wirkliches einbringen – damit können sie kein Mehr gegenüber den Ausgaben erwirtschaften.

    Zitat „Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit für die Herstellung von Gebrauchswerten einer bestimmten Sorte ist mathematisch gesehen das gewichtete arithmetische Mittel der individuellen Arbeitszeiten unabhängiger Produzenten und damit ein gesellschaftliches Verhältnis.“

    Die notwendige Arbeitszeit kann erst nach den Marktaktivitäten bestimmt werden. Ein daraus abgeleitetes Verhältnis wäre demzufolge sekundär gegenüber den Wertverhältnissen, aus denen die notwendigen Arbeitszeiten abgeleitet werde, folglich nur als statistische Information bedeutsam. Auf keinen Fall werden Wertverhältnisse direkt aus den Arbeitszeiten und ihren Verhältnissen abgeleitet. In Zusammenhängen mit Wert sind nur die sogenannten wertbildenden Arbeiten relevant. Das sind nur die gesellschaftlich nützlichen Arbeiten.
    Die Eigenschaft „gesellschaftlich nützlich“ lässt sich jedoch nicht produzieren. Darüber wird erst auf dem markt die Entscheidung gefällt.

    Ergänzung
    Wie bereits früher schon erwähnt haben Veröffentlichungen vom Herr Professor Heinrich nichts mit meinen Anschauungen zu tun. Meine Sicht auf den Wert entwickelte ich ab 1980 und hatte ca. 1982 das Grundgerüst fertig. Das geschah in der DDR. Dort gab es keine Wirtschaftsliteratur aus dem Westen. Ein Buch zur Grenznutzentheorie durfte ich nur in der Staatsbibliothek durcharbeiten – das wurde dort aus dem „Giftschrank“ geholt.
    Meine Überlegungen zur Arbeitswerttheorie diskutierte ich damals bei der Staatlichen Plankommission, an der HU Berlin, der Karl-Marx-Uni Leipzig, der Hochschule für Ökonomie, dem Institut für Gesellschaftswissenschaften der Akademie der Wissenschaften der DDR (Herr Professor Steinitz und Herr Dr. Schilar, die mir Unterstützung bei der Veröffentlichung anboten), u. a.
    Jede Zusendung war eine überarbeitete Version meiner Arbeit – mit handgezeichneten Grafiken und alles mit Schreibmaschine getippt.
    In 2012 habe ich die letzte Version fast unverändert unter „Allgemeine Relative Arbeitswerttheorie“ bei epubli veröffentlicht. Dieses „Werk“ ist nicht gut lesbar und war nur als Beleg gedacht.
    In 2017 brachte ich das Buch „Mit Marx zur Marktwirtschaft?“ beim Wissenschaftsverlag Tectum heraus.
    Die Ideen vom Herrn Professor Heinrich zur Arbeitswerttheorie kenne ich, stimme aber nicht mit denen überein – er sieht ebenfalls die Arbeitszeit als direkt wertbestimmend an.

    Mit freundlichen Grüßen
    Rainer Lippert

  18. Lieber Herr Lippert,

    das mag ja alles sein, aber was hat es mit meinem Thema zu tun? Mein Thema war die Modellierung der (reifen) ökonomischen Theorie von Karl Marx. Es handelt sich um ein dogmenhistorisches Thema. Die einzige Instanz, an der mein Buch überprüft werden kann, ist das „Kapital“ Band 1. Das mag ja für Sie und andere vollkommen irrelevant sein, aber darum geht es nun einmal in meinem Buch. Vielleicht interessiert das Thema ja einige Dogmenhistoriker oder Theoretiker, die ernsthaft vorhaben, Marx‘ Theorie an den Daten einer kapitalistischen Wirtschaft – und nicht am Scheitern einer von einem Dachdecker geleiteten Gesellschaft – zu testen? Was Sie da vortragen, ist die Theorie von Rainer Lippert, die – so leid mir es tut, Ihnen das so brutal sagen zu müssen – schon deshalb ohne jede Bedeutung ist, weil sie in Konkurrenz tritt mit einer inzwischen hochgradig spezialisierten Wissenschaftsdisziplin. Aber weder dieser noch der von mir modellierten Theorie kommen Ihre Anmerkungen so nahe, dass man sie ernst nehmen muss.

    Mit immer noch freundlichen Grüßen für den Menschen R.L., aber ohne großen Respekt vor dem was Sie hier posten,
    Georg Quaas

  19. Lieber Herr Dr. Quaas,

    vielen Dank für Ihre informative Antwort.
    Anmerken möchte ich trotzdem noch einiges: Es geht um Ihr Buch. Das, was Sie modellieren, kann so nicht stimmen.
    Ein Wert lässt sich nicht auf der Produktionsseite der Warengesellschaft erzeugen. Das zeigt sich mit der Wertformel W = c + v + m ganz deutlich.
    Der Wert ist nicht unabhängig vom Menschen. Schon deshalb kann er nicht aus physischen Produktionsparametern berechnet werden. Das lässt sich mit dem Kapital Bd. I darlegen. Das habe ich getan.

    Wert wird zugeordnet mittels Wertverhältnis. Das geschieht in der gleichen Art bei
    a) einer Ware in Form eines technischen Produkts,
    b) einer Ware in Form einer kostenpflichtigen Musikaufführung,
    c) der Stellvertreter-Ware (und in einigen Fällen auch richtiger Ware) Geld,
    d) der Ware Arbeitskraft usw.

    Bei der Ware Arbeitskraft wird das besonders deutlich: Sie kann sich, z. B. nach Verlust des Arbeitsplatzes, einen sehr hohen Wert zuordnen, in den sie ihre vielleicht sehr hohen Ausbildungskosten einbezieht ( c ) und vielleicht auch ihre bisherigen Anrechte auf Existenzmittel (Wert der Arbeitskraft beim bisherigen Arbeitgeber) ( v ). Wenn sie nicht erneut eingestellt wird, dann bleibt dieser Wert ein Erwartungswert.
    Wird die Arbeitskraft erneut eingestellt, würde das über ein Wertverhältnis mit ihrem neuen Arbeitgeber geschehen. In diesem Zusammenhang wird jedoch niemand einen Wert in sie einbauen. Folglich kann der auch anhand von Ausbildungszeiten, mechanischen Fähigkeiten, optischen Erkennungsmöglichkeiten usw. weder aus ihrem Innern heraus, noch aufgrund äußerer Gestaltungsaktivitäten berechnet werden. Aus solchen Berechnungen gewinnt man vielleicht Erwartungswerte, wie bei jeder anderen Ware auch. Nur das reale Gehalt, welches über das Wertverhältnis als gemeinsame Größe zwischen dem Unternehmer und der Arbeitskraft ausgehandelt wird, ist relevant für den Wert der Arbeitskraft. Und das erst, wenn dieses Gehalt im rechtlichen Sinne gezahlt wird, äquivalent zu allen anderen Waren auch – auf dem Markt, in diesem Fall auf dem Arbeitskräftemarkt. Davor ist der „Wert der Arbeitskraft“ nur ein fiktiver. Das Gehalt lässt sich nicht direkt aus den Eigenschaften der Arbeitskraft errechnen, der Wert einer Ware in Gestalt eines technischen Gerätes nicht direkt aus den Eigenschaften dieser Ware..

    Mit freundlichen Grüßen
    Rainer Lippert

  20. Lieber Herr Lippert,

    Sie argumentieren ständig an der Sache vorbei. Die Formel, die Sie da kritisieren, stammt von Marx. Wenn ich diese Formel in mein Modell übernehme, dann kann ich gar nichts falsch gemacht haben. Um mein Buch zu kritisieren, müssten Sie Textstellen (!) aus K I anführen, die meiner Darstellung widersprechen. Dann wären Sie am Ball und könnten sozusagen mitspielen. Ihre Meinung über die Existenz eines Wertes der Ak, der erst aufgrund eines Arbeitsvertrages entsteht, in allen Ehren: Sie hat aber nicht das Geringste mit der Arbeitswerttheorie zu tun. Tut mir leid, mehr ist dazu nicht zu sagen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Georg Quaas

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