Arbeitswerttheorie – Gräbe und Quaas diskutieren

—– Original Message —–
From: „Hans-Gert Gräbe“
Sent: Sunday, October 15, 2017 1:28 PM
Subject: Re: Einladung zur konstituierenden Sitzung

Liebe Mitglieder und Interessenten,

ein paar Nachbemerkungen meinerseits zur Diskussion am Donnerstag. Ich habe
die Diskussion als quer zu allen logischen Ebenen wahrgenommen. Argumente aus
einem klar

reproduktionslogischen Kontext (und daran konnte es nach meiner
Auffassung beim vorgelegten Text keine Zweifel geben) wurden mit dem
„Haus“-Argument und dem Ein- und Austreten von Sachgütern in eine wie auch
immer zu beschränkende Wertrechnung (ein Ansatz, den ich mit Bezug auf eine
Diskussion zu „abstrakter Arbeit“ zwischen Müller und Dunkhase in meinem
Konstrukt „.. auf fremdes Bedürfnis hin“ noch einmal ausbreite) „ausgehebelt“.
Die Mehrwertfrage wurde primär an „Luxusgütern“ oder gar „Diamant-Klunkern“
abgehandelt, einer spezifischen Form der Schatzbildung jenseits von Geld als
Schatzmittel, deren Rolle in einem reproduktionstheoretischen Kontext sich mir
auch heute nicht erschließt. Und, natürlich kann man nicht nur ein Modell der
einfachen Reproduktion einer kapitalistischen Wirtschaftsweise //mit Mehrwert//
konstruieren, sondern Quaas tut genau das in seinem Buch (Formel (8.84) pars
pro toto). Marx braucht drei Bücher, um seinen Argumenten überhaupt etwas
Struktur zu geben.

Man kann natürlich immer wieder die Totalität der kapitalistischen
Produktionsweise unterstreichen und jeden – aus einer solchen Perspektive stets
reduktionistischen – Modellierungsversuch aushebeln. Es kann sogar sein, dass
eine solche Destruktion irgendjemandem Freude macht. Was das Ganze
insbesondere mit einer „Erwägenskultur“ zu tun hat, erschließt sich mir
allerdings nicht. Auch das Quaas-Buch nimmt sich diese nicht als Ganzes vor
(Einleitung, S. 14)

Da ich sehe, dass der vorgelegte Text offensichtlich wenig geeignet ist, im
Seminar überhaupt eine sinnvolle Diskussion zu initiieren – etwa vergleichbar
der, die ich anderenorts mit Ralf Krämer über eine Begründung der Höhe der
Profite der Internetkonzerne geführt habe, die jener als „Informationsrenten“
sieht, ich aber als „Prozess der inneren Landnahme“ im Zuge der Kapitalisierung
einer neu entstehenden Kapitalgruppe – packe ich hiermit einfach den zweiten
Text mit auf den Tisch (Anlage), der unmittelbar Bezug auf das Quaas-Buch
nimmt. Er ist „Work in Progress“, da der letzte Teil zur Frage von Mehrprodukt
und Mehrwert noch nicht abschließend formuliert ist. Auf der Basis wäre dann
auch der Akkumulationsansatz (9.4.2. ff.) in „meine Sprache“ zu übersetzen und
zu sehen, was für die Produktion wirklich vorgeschossen werden muss und was
davon in einer rein reproduktionslogischen Perspektive sichtbar wird.

Die folgenden Argumentationen stelle ich zur Diskussion:

1) Lässt sich eine Arbeitswerttheorie auf einem anderen Fundament als dem
„durchschnittlich gesellschaftlich notwendigen //zeitlichen// Verbrauch
einfacher Arbeit“ errichten?

2) Kann ein juristisches Subjekt (als Unternehmer) Quelle von Arbeitswert sein?

3) Welche Semantik tragen Arbeitswertkoeffizienten und in welchem Umfang
tauchen sie bereits bei Marx auf?

4) Diskussion der von mir aufgenommenen Beispiele aus dem Quaas-Buch in beiden
(Quaas‘ und meiner) Interpretation.

Es gibt aus meiner Sicht viele andere diskussionswürdige Aspekte, vor allem
auch in meinem Text „Arbeitswerttheorie und technologischer Wandel“, aber dazu
mögen sich bitte andere äußern.

Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Vorbereitung der nächsten Sitzung – Fortsetzung der Diskussion
Datum: Sun, 15 Oct 2017 15:11:23 +0200
Von: Georg Quaas

Lieber Kollege Gräbe,

vielen Dank für Ihre Rückkopplung.

Liebe Teilnehmer,

auch ich fand die Diskussion ziemlich chaotisch, darum plädiere ich dafür, erst
einmal das werttheoretische ABC zu klären. Mir schien, dass alle an diesem
Schwerpunkt ein gewisses Interesse haben. Ich werde ein kurzes Papier
beisteuern, in dem ich erläutere, warum Wert, Preis und Gebrauchswert nicht
dasselbe sind. Nicht anhand des Marxschen Textes, sondern sozusagen frei von
der Leber weg. Falls diese Differenzierung allen klar ist, können wir auf eine
Diskussion verzichten und mit Gräbes Papieren fortfahren.

Mit besten Grüßen
Georg Quaas

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Begleittext zur Diskussion um die Werttheorie
Datum: Tue, 17 Oct 2017 10:28:34 +0200
Von: Georg Quaas

Rückmeldungen sachlicher Art jederzeit willkommen! (WTh03_Einleitung.pdf)

GQ

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Re: Begleittext zur Diskussion um die Werttheorie
Datum: Wed, 18 Oct 2017 17:11:02 +0200
Von: Hans-Gert Gräbe

Ich würde gern auch die deutlich elaborierteren Ausführungen im Quaas-Buch
sowie

> Peter Karl Fleissner: Reconstructing the Economy: A Methodological Journey
> from the Surface to the Essence and Back. tripleC 9.2 (2011), S. 483–493.

mit als Diskussionsgrundlage einbeziehen.

Insbesondere die bei Fleissner dort auf einer gewissen Layerebene postulierte
Gleichheit „profit equals capital investment“ als Bedingung der einfachen
Reproduktion einer Wirtschaftsweise mit Mehrprodukt und Mehrwert war ja in
unserer Diskussion extrem strittig.

Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Gert Gräbe

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Betreff: AW: Begleittext zur Diskussion um die Werttheorie
Datum: Wed, 18 Oct 2017 17:40:34 +0200
Von: Georg Quaas

Liebe Mitglieder und eventuelle Interessenten an einer Diskussion über die
Werttheorie,

im Anhang finden Sie den Entwurf eines Papers (Modifikation2.pdf), das ich zur
Zeit mit Klaus Müller diskutiere. Ich schlage aber NICHT vor, es momentan schon
in die Diskussion des FS einzubeziehen. Mein Ziel wäre es, dass wir gemeinsam
unser Verständnis der WTh so vertiefen, dass wir die dort aufgeworfenen
Probleme sinnvoll, das heißt: strukturiert, diskutieren können. Momentan sehe
ich keinen Sinn darin, immer kompliziertere Theorien einzubeziehen, wo nicht
einmal die Basics klar sind, wie Wert ist kein Gebrauchswert, oder die
Definition des konstanten Kapitals. Wer aber sachdienliche Hinweise zum Paper
hat, kann diese mir gerne mitteilen.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Quaas

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Re: Begleittext zur Diskussion um die Werttheorie
Datum: Fri, 20 Oct 2017 20:57:52 +0200
Von: Hans-Gert Gräbe

Lieber Kollege Quaas,

ich komme der Aufforderung gern nach. In (K3, S. 33+34) erläutert Marx, was er
in K1 und K2 untersucht hat. Weiter heißt es

Warenwert = Kostpreis + Mehrwert

Der Warenwert enthält also nach meinem Verständnis zwei Komponenten – den
gesellschaftlich notwendigen Aufwand für die (Re)produktion der Ware selbst
(den Kostpreis) und den gesellschaftlich notwendigen Aufwand für die
Reproduktion der Produktionsbedingungen (Mehrwert).

Es ist also nach meinem Verständnis davon auszugehen, dass Marx in K1 den
Kostpreis bespricht – als Unterschied zwischen dem, „was die Ware dem
Kapitalisten kostet, und was die Produktion der Ware selbst kostet“ (K3,
S. 34).

Über die Wirkung von Angebot und Nachfrage kann man nach meinem Verständnis
nur auf der Basis von Marktpreisen und damit Produktionspreisen und der Ebene
von K2 sprechen, wenn die Reproduktion der produktiven Infrastruktur mit
„eingepreist“ ist. Denn hohes Angebot hat die Signalwirkung, dass die dafür
aufgebaute produktive Infrastruktur in dem bisherigen Umfang nicht benötigt
wird, hohe Nachfrage die gegenteilige Signalwirkung. Es besteht die
gesellschaftliche Notwendigkeit, den gesellschaftlich notwendigen Aufwand für
die Reproduktion der Produktionsbedingungen zu readjustieren (nicht nur durch
Akkumulation, sondern auch durch das Gegenteil), wir befinden uns in einer
Betrachtung außerhalb einer Gleichgewichtslage. „Es bedarf hier keiner
Erörterung, dass, wenn eine Ware über oder unter ihrem Wert verkauft wird, nur
eine andere Verteilung des Mehrwerts stattfindet“ (K3, S. 53), sich der
Warenwert im obigen Verständnis also ändert.

Um das zu verstehen, wäre zunächst (wie in K2) der Fall _einfacher_
Reproduktion einer kapitalistischen Wirtschaftsweise mit Mehrwert (in toto)
genauer zu untersuchen. Nach meinem Verständnis ist das genau das Anliegen von
K2.

Nach meinem Verständnis liegt Ihre Argumentation also auch hier (wie im
letzten Seminar) quer zu allen logischen Ebenen.

Wenn man die Sache mit den (wertlogischen) Arbeitswertkoeffizienten ernsthaft
betreibt, dann ist vollkommen klar, dass der gleiche oder gar derselbe
(produktionslogische) Arbeitsaufwand (meine Terminologie) zu verschiedenen
Zeiten verschieden viel „wert“ ist, weil sich die Arbeitswertkoeffizienten
ändern können. „In unsrer ganzen Untersuchung wird ausgegangen von der
Voraussetzung, dass Erhöhung oder Erniedrigung der Preise Ausdrücke von
wirklichen Wertschwankungen sind“. (K3, S. 123)

So weit ein paar Einwendungen meinerseits zum prinzipiellen Zugang. Ich höre
an der Stelle auf, da die meisten meiner Argumente in meinen beiden Aufsätzen
weiter ausgeführt sind.

Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Antwort auf Gräbe’s File mf-17.pdf
Datum: Tue, 24 Oct 2017 09:41:11 +0200
Von: Georg Quaas

Schwerpunkt: Kompliziertheitsgrad der Arbeit (Kompliziertheitsgrad-1.pdf)

—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Hans-Gert Gräbe [mailto:graebe@informatik.uni-leipzig.de]
Gesendet: Mittwoch, 25. Oktober 2017 08:02
Betreff: Re: Antwort auf Gräbe’s File mf-17.pdf

Am 24.10.2017 um 09:41 schrieb Georg Quaas:
> Schwerpunkt: Kompliziertheitsgrad der Arbeit

Lieber Kollege Quaas,

mir ist Ihre begriffliche Unterscheidung zwischen Arbeit und Arbeitsprozess
nicht klar geworden. In einem Arbeitsprozess, zum Beispiel bei der Operation
eines Patienten, wirken Arbeiten verschiedener Kompliziertheit zusammen.
Insofern könnte ich verstehen, wenn u(A) der Kompliziertheitsgrad des
Arbeitsprozesses A wäre, aber nicht Kompliziertheit der Arbeit. Das berühmte
„Lemma 1“ halt.

Vielleicht können Sie das noch etwas genauer erläutern.

Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: AW: Antwort auf Gräbe’s File mf-17.pdf
Datum: Wed, 25 Oct 2017 10:37:04 +0200
Von: Georg Quaas

Eine Unterscheidung zwischen Arbeit und Arbeitsprozess ist an dieser Stelle der
Darstellung der Arbeitswerttheorie unangebracht, da die Theorie sowohl für
recht simple Prozesse als auch für komplexe Prozesse eines Gesamtarbeiters
gelten soll. Die Unterscheidung wird wichtig, wenn man zwischen neu
geschaffenem und nur übertragenen Wert differenziert. Wer sich trotzdem für
eine philosophische Analyse des Arbeitsprozesses interessiert, der kann sie
sich in dem beigefügten unveröffentlichten Manuskript (QUA_FIE.pdf) ansehen –
der zweite Abschnitt behandelt den Arbeitsprozess. Nur für den privaten
Gebrauch!

Mit freundlichen Grüßen
Georg Quaas

—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Hans-Gert Gräbe [mailto:graebe@informatik.uni-leipzig.de]
Gesendet: Mittwoch, 25. Oktober 2017 20:35
Betreff: Re: Antwort auf Gräbe’s File mf-17.pdf

Das verstehe ich nicht. Vielleicht können Sie das und Ihr Verständnis von
„Kompliziertheitsgrad von Arbeit“ mal an meinem Beispiel (Oberärztin,
Assistenzarzt, Anästhesist, OP-Schwester operieren gemeinsam einen Patienten,
um das mal korrekt zu gendern) genauer erläutern. Bei mir wären das vier
verschiedene Arbeiten, die in einem gemeinsamen Arbeitsprozess A zusammenwirken
müssen, um das Produkt a=a(A), einen gesunderen Patienten, hervorzubringen.

Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: das OP-team
Datum: Wed, 25 Oct 2017 21:27:47 +0200
Von: Georg Quaas

Lieber Kollege!

Wenn Sie mir sagen, welchen Wertzuwachs der gesunde Patient durch die OP
erfahren hat, und wenn Sie mir außerdem sagen, wieviel Zeit und sonstige
monetär bewertete Mittel aufgewendet worden sind, könnte ich Ihnen u im Sinne
der Formel 6.27 ausrechnen. Die Schwierigkeit wird sein, Ihren Gesundheitswert
herauszufinden. Eine Methode könnte sein, die Gesamtkosten Ihrer Behandlung
anzusetzen.

Im Übrigen interessieren ich mich für volkswirtschaftliche Anwendungen. Da sind
die Bewertungen bereits gegeben. – Ich hoffe, das war verständlich. Ich möchte
aber noch einmal daran erinnern, dass es hier um die Interpretation eines
Textes geht. Selbst wenn diese Interpretation praktisch nicht anwendbar gewesen
wäre, würde das meine Interpretation nicht widerlegen.

Es scheint ziemlich schwierig zu sein, sich auf diese Problemstellung
einzulassen.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Quaas

—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Hans-Gert Gräbe [mailto:graebe@informatik.uni-leipzig.de]
Gesendet: Donnerstag, 26. Oktober 2017 14:09
Betreff: Re: das OP-team

Lieber Kollege Quaas!

In der Tat scheint es da einige Schwierigkeiten zu geben. Ich verstehe zum
Beispiel die Logik nicht, dass ich Ihnen zunächst etwas sagen soll, ehe Sie in
der Lage sind, Ihren eigenen Gedanken deutlicher zu erläutern.

Bei der Masse der scheinbaren (oder auch wirklichen) Differenzen ist es
vielleicht hilfreich, ein paar Gemeinsamkeiten festzuhalten, selbstverständlich
zunächst allein als Annahmen aus meiner Sicht:

1) Es geht nicht um Marx, sondern um Ihre und meine Interpretation von Marx.
Die Differenz unserer Erkenntnisinteressen dabei ist mehrfach betont worden,
muss ich hier nicht noch einmal explizieren.

2) Die Argumente in meinen beiden Aufsätzen bewegen sich auf einer gewissen
logischen Ebene.

3) Sie hatten eingewendet, dass es hilfreich wäre, zunächst ein paar
grundsätzlichere Fragen zu klären, die sich auf einer anderen logischen Ebene
bewegen, und dazu einen 9-Seiten-Text vorgelegt. Ihre Argumentation, insoweit
Sie mich dort widerlegen wollen, hat nach meinem Verständnis ein Ebenenproblem,
das nicht berücksichtigt ist.

4) Ich hatte mich auf Ihre Argumentation und logische Ebene eingelassen und um
Präzisierung der Begriffe Arbeit und Arbeitsprozess gebeten.

5) Aus Ihrer Sicht sei auf der von Ihnen betrachteten Ebene eine Unterscheidung
der beiden Begriffe nicht erforderlich, was das auch immer heißen möge. Diese
(von Ihnen nicht weiter begründete) Position teile ich nicht. Es wäre damit an
Ihnen, dort argumentativ nachzulegen.

So weit, hoffe ich, stimmen wir in der Interpretation des bisher Geschehenen
überein.

Weiter schoben Sie (zur Erläuterung Ihrer Positionen?) einen 32-seitigen Text
nach, in dem ich mehrere für die zu besprechende Frage (Arbeit und
Arbeitsprozess) relevante Argumente finde (alles S. 5)

* „Darstellung des Arbeitsprozesses mit seinen „einfachen Momenten“
(Arbeitsgegenstand, Arbeitsmittel und die Arbeit selbst)“ Was ist mit dem
Subjekt/den Subjekten des Prozesses?

* Marx betrachte im „Kapital“ „den Arbeitsprozeß unabhängig von jeder
bestimmten gesellschaftlichen Form“. Das ist nach meinem Verständnis maximal
für K1 richtg; meine beiden Aufsätze bewegen sich auf einer anderen Ebene der
Formbestimmtheit.

* “ .. drei einfache Momente des Arbeitsprozesses … Die Arbeit selbst, das
heißt die zweckmäßige Tätigkeit des Arbeiters, wirkt unmittelbar auf die
Arbeitsmittel ein und mit Hilfe der Arbeitsmittel indirekt auf den
eigentlichen Gegenstand der Arbeit.“

Alles deutliche Unterscheidungen zwischen den Begriffen Arbeit und
Arbeitsprozess.

Weiter spielt der kooperative Charakter des Arbeitsprozesses, das „Team“ und
der „Gesamtarbeiter“, eine zentrale Rolle, was ich in Bezug auf das Beispiel
nur so interpretieren kann, dass Sie das Operationsteam als „Gesamtarbeiter so
wie einen einzelnen Arbeiter“ behandelt wissen wollen usw.

Zur Aufklärung der mir erscheindenden massiven Inkonsistenzen Ihrer
Argumentation können nur Sie selbst beitragen.

Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: AW: das OP-team
Datum: Thu, 26 Oct 2017 15:29:06 +0200
Von: Georg Quaas

Lieber Kollege Gräbe,

eine Inkonsistenz ist ein Widerspruch zwischen zwei Aussagen, zum Beispiel kann
p und ~p nicht zugleich wahr sein. Ihre Behauptung, dass meine Interpretation
Inkonsistenzen aufweist, hat lediglich einen rhetorischen Wert, solange Sie in
nicht einem einzigen Punkt die beiden Aussagen benennen (können), die sich
widersprechen sollen. Dabei haben Sie sehr viele Möglichkeiten: Ich habe Sie
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie Widersprüche zwischen meinem Modell
und dem Text K I aufzeigen könnten. Umgekehrt habe ich diese Möglichkeit Ihnen
gegenüber nicht, da Sie eine freie Interpretation und Variation des Marx’schen
Textes bevorzugen. Sie könnten des Weiteren Widersprüche zwischen einzelnen
Aussagen meiner Modellierung aufzeigen, auch da ergäbe sich ein reiches
Betätigungsfeld. Statt dessen konfrontieren Sie mich mit primitiven
betriebswirtschaftlichen Anwendungsfällen, die sicher kein großes Problem
darstellen, aber völlig außerhalb der volkswirtschaftlichen Ausrichtung der
Arbeitswerttheorie liegen. Was die unterschiedliche Zwecksetzung betrifft, bin
ich der Meinung, dass es kurzschlüssige Anwendungen, genauer gesagt:
vermeintliche Anwendungen der Marxschen Theorie, schon genug gibt. Deshalb gehe
ich den Weg, Marx‘ ökonomische Theorie zunächst möglichst authentisch zu
modellieren, um dann im zweiten Schritt nach Anwendungen zu suchen. Das ist
sicher ein ziemlich beschwerlicher Weg. Aber immerhin habe ich ihn diesen Weg
in 40 Jahren zu einer Straße ausgebaut, auf der ein Mathematiker mit
ökonomischem Verständnis sehr schnell an das bislang unbebaute Gelände
herankäme – so er nur will.

Mit besten Grüßen
Georg Quaas

—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Hans-Gert Gräbe [mailto:graebe@informatik.uni-leipzig.de]
Gesendet: Donnerstag, 26. Oktober 2017 16:19
Betreff: Re: das OP-team

Am 26.10.2017 um 15:29 schrieb Georg Quaas:
> eine Inkonsistenz ist ein Widerspruch zwischen zwei Aussagen, zum Beispiel
kann p und ~p nicht zugleich wahr sein.

Aussage 1 (Ihre Mail vom 25.10. 10:37)
> Eine Unterscheidung zwischen Arbeit und Arbeitsprozess ist an dieser Stelle
> der Darstellung der Arbeitswerttheorie unangebracht, da die Theorie sowohl
> für recht simple Prozesse als auch für komplexe Prozesse eines
> Gesamtarbeiters gelten soll.

Aussage 2 (Ihr 32-Seiten-Text)
> * “ .. drei einfache Momente des Arbeitsprozesses … Die Arbeit selbst, das
heißt die zweckmäßige Tätigkeit des Arbeiters, wirkt unmittelbar auf die
Arbeitsmittel ein und mit Hilfe der Arbeitsmittel indirekt auf den eigentlichen
Gegenstand der Arbeit.“ Hier wird also eine „Unterscheidung zwischen Arbeit
und Arbeitsprozess“ sehr wohl getroffen.

Dass es mit der Logik nicht so einfach ist wie in der Prädikatenlogik erster
Stufe wissen Sie selbst.

Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: AW: das OP-team
Datum: Thu, 26 Oct 2017 17:02:28 +0200
Von: Georg Quaas

Im Fall der Anwendung A (eine OP, Ärzte-Team, der Patient, medizinische Geräte)
wird eine Unterscheidung vorgenommen, die im Text C erläutert wird, aber bei
der Anwendung B (Grundlagen der Werttheorie) irrelevant ist. Wo ist hier ein
Widerspruch?

Darf ich ein Fahrzeug nicht als Auto bezeichnen, wenn ich zugebe, dass es PKW
und LKW gibt?

Zurück zur Sache! Es geht nur um die Frage der Zweckmäßigkeit. Im Fall C möchte
ich mich nicht festlegen, weil die Gleichung (1) sowohl für komplexe
Arbeitsprozesse, als auch für Arbeitsprozesse gilt, bei denen ein einzelnes
Individuum mit wertlosen, weil von Natur vorgefundenen Mitteln etwas
produziert. Außerdem gilt die Gleichung (1) für „die Arbeit selbst“
(zweckmäßige Tätigkeit des Arztes, der OP-Schwester etc.) innerhalb eines
Arbeitsprozesses (hier hätte Ihr Modell seinen Platz) und für den gesamten
Arbeitsprozess, mit jeweils anderer Spezifikation. Es gibt also viele Gründe,
am Anfang einer Darstellung der Arbeitswerttheorie mit umgangssprachlichen,
unscharfen Begriffen zu operieren, die später präzisiert werden, nämlich dann,
wenn es relevant ist. Marx nennt das Aufsteigen vom Abstrakten zum Konkreten.

Danke für den netten Versuch! GQ

—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Hans-Gert Gräbe [mailto:graebe@informatik.uni-leipzig.de]
Gesendet: Donnerstag, 26. Oktober 2017 17:38
Betreff: Re: das OP-team

Was ist t(A) bei Ihnen für das Operationssaal-Beispiel?

hgg

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: AW: das OP-team
Datum: Thu, 26 Oct 2017 18:39:06 +0200
Von: Georg Quaas

Die gesamte Zeit, die die Operation beansprucht – einschließlich Vorbereitung
und Nachbereitung. Es steht Ihnen natürlich frei, bei einer speziellen
Anwendung die Theorie so anzupassen, dass sie dem Prozess gerecht wird. Man
könnte zum Beispiel Vorbereitungs- und Nachbereitungsphase abtrennen, wenn das
zweckmäßig ist, weil zum Beispiel mehr oder weniger Menschen beteiligt sind.
Man kann sicherlich auch den ganzen Prozess in einzelne Arbeiten zerlegen (was
Sie wohl so wollen) und dann addieren. Da es sich um eine lineare Theorie
handelt, wäre das kein Problem. Bei einer volkswirtschaftlichen Anwendung haben
Sie gar nicht die Daten, um das so differenziert abzubilden.

—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Hans-Gert Gräbe [mailto:graebe@informatik.uni-leipzig.de]
Gesendet: Donnerstag, 26. Oktober 2017 20:04
Betreff: Re: das OP-team

Aha. Das widerspricht aber S. 68 Fußnote 5 in Ihrem Buch.

hgg

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: AW: das OP-team
Datum: Thu, 26 Oct 2017 22:48:55 +0200
Von: Georg Quaas

Lieber Kollege Gräbe!

Die Fußnote 5 auf S. 68 befindet sich im Kapitel drei, in dem einfache
Warenproduktion unterstellt wird. Dort weiß der Leser noch nichts von den
Problemen, die sich bei Arbeitsprozessen ergeben, die von einem Gesamtarbeiter
realisiert werden und die Waren als Produktionsmittel verwenden. Diese Probleme
stehen erst zur Debatte, wenn die kapitalistischen Warenproduktion
detaillierter dargestellt wird, wie es im 6. Kapitel geschieht. Im Übrigen
entspricht die Aussage der Fußnote 5 Ihrem Alternativmodell, wenn man es auf
einfache Kooperation anwendet.

Alle diese Dinge hätte man vorher klären und präzise auseinanderhalten können.
Es gibt aber gute Gründe, das nicht zu tun. (1) Die Darstellung ist so schon
kompliziert genug. (2) Ich folge so weit wie möglich der Darstellung in K I.
(3) Zwar nenne ich das Ganze „mathematisches Modell der ökonomischen Theorie
von Marx“; wenn man es aber mit den Darstellungen der modernen Makroökonomik
vergleicht, handelt es sich um einen Komplex miteinander verbundener Theorien.
Wenn man diese Theorien auf bestimmte Zusammenhänge anwendet, also genau das
tut, womit Sie vermeintliche Widersprüche zu konstruieren versuchen, so baut
man aus den Theorien ein Modell für eben diese Zusammenhänge. Dabei kann man
verschiedene Wege gehen, die sich dann – wenn man sie geht – widersprechen. Man
kann den Wertbildungsprozess einer medizinischen OP als gewichtete Summe etwa
gleich langer Arbeitszeiten auffassen, wobei die Gewichte eben die
Kompliziertheitsgrade sind, die Sie bekämpfen, man kann die OP aber auch als
Arbeitsprozess eines Gesamtarbeiters auffassen, dessen Dauer sich an der Länge
der OP misst und dessen Kompliziertheitsgrad eine Durchschnittsgröße ist. Diese
beiden Modelle widersprechen einander, obwohl sie zu ähnlichen Ergebnissen
führen werden und obwohl sie die gleiche Grundgleichung (1) und die gleiche
Interpretation des Proportionalitätsfaktors u voraussetzen.

Die Arbeitswerttheorie muss so allgemein formuliert werden, dass sie all‘ diese
Anwendungen (Modelle) und noch viele mehr möglich macht. Und wenn man sich für
eines entscheidet, muss der Kompliziertheitsgrad entsprechend angewendet
werden. Aber er bleibt – ein Maß für unterschiedliche komplizierte Arbeit.

Schönen Abend!
GQ

—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Hans-Gert Gräbe [mailto:graebe@informatik.uni-leipzig.de]
Gesendet: Freitag, 27. Oktober 2017 09:37
Betreff: Re: das OP-team

Am 26.10.2017 um 22:48 schrieb Georg Quaas:

Sehr geehrter Herr Kollege Quaas,

in jenem Kapitel 3 wird sowohl t(A) genauer entwickelt als auch „Gleichung
(1)“. Es wäre also wissenschaftlich nur redlich und würde den Anforderungen an
eine wissenschaftliche Argumentation, die Sie mir dauernd um die Ohren hauen,
entsprechen, wenn Sie Ihre Gedanken an diesem Ihrem eigenen Text explizieren
würden. Und bitte unterstellen Sie mir nichts („bekämpfen“). Wenn sich zwei
Modelle widersprechen, dann würde mich schon interessieren, welches das Ihre
ist und wieso Sie auf einer so widersprüchlichen Basis zu klaren Aussagen
kommen.

Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: AW: das OP-team
Datum: Fri, 27 Oct 2017 10:08:05 +0200
Von: Georg Quaas

Lieber Kollege Gräbe,

eine limitationale Produktionsfunktion unterscheidet sich von der
Cobb-Douglas-Produktionsfunktion. Wenn ich beide zugleich auf einen bestimmten
Produktionsprozess anwende, dann ist das widersprüchlich, weil ein und derselbe
Prozess nicht beide Funktionen wahr machen kann. Welche Funktion zutrifft,
entscheidet letztlich die Empirie. Der Theoretiker muss aber beide Modelle zur
Verfügung stellen.

Analog dazu hat gilt die Gleichung (1) bzw. (3.6) im Buch für eine Produktion,
bei der man den Wert der Produktionsmittel vernachlässigen kann. Gleichung
(6.27) gilt für eine Produktion, bei der der Wert der Pm nicht mehr
vernachlässigt werden kann. Was ist daran nicht zu verstehen? Wissenschaftliche
Theorien sind bedingte (!) All-Aussagen. Oft kennen wir nicht alle Bedingungen
ihrer Anwendbarkeit. Diese herauszufinden, Puzzle zu lösen, darin besteht der
Erkenntnisfortschritt der normalen Wissenschaft. Es ist keine konstruktive
Lösung, darauf hinzuweisen, dass eine Theorie für einen speziellen
Anwendungsfall präzisiert werden müsste – solange man es nicht tut.

Die Abfolge der Kapitel im Buch folgt im großen Ganzen der in K I. Die Annahme
einer einfachen Warenproduktion im Unterschied zur kapitalistischen
Warenproduktion steht in der Tradition der klassischen politischen
Ökonomie. Ich modelliere mit K I das am weitesten entwickelte Resultat der kpÖ.

Es ist kein Vorwurf darin zu sehen, wenn ich Ihre Fragen, Problem, Kritiken als
Angriffe bezeichne. Es handelt sich um Angriffe auf einen Symbolkomplex, nicht
auf eine Person. Als Person freue ich mich, dass Sie das tun. Aber leider sind
Ihre Angriffe marginal. Sie stoßen nicht zum Kern vor. Bei dem Thema der
Interpretation des Proportionalitätsfaktors u habe ich in ca. 10 Thesen ein
breites Angriffsziel geboten, an dem Sie ständig vorbeischießen. Insofern
gilt:

Übe im Bestreiten Dich
Und Kann-nicht-verstehen,
Musst das Modell Mir doch lassen stehen.

Schöne Grüße!
GQ

—– Original Message —–
From: „Hans-Gert Gräbe“
Sent: Friday, October 27, 2017 8:59 PM
Subject: Re: das OP-team

Lieber Herr Quaas,

Die okkulte Qualität der Begründung einer Argumentation, die

von W(a) = u(A) * t(A) mit a=a(A) (3.6)
über W_neu(a) = u(A) * t(A) (6.21)
zu W(a) = W_neu(a) + W_0(a) (6.22)

geht (der ich durchaus etwas abgewinnen kann), überlasse ich gern Ihnen.

Mein „marginales Argument“ präzisiere ich wie folgt in eine Wenn-dann-Aussage:

Wenn t(A) die gewichtete Summe der durchschnittlich notwendigen (realen)
Arbeitszeiten der am Arbeitsprozess A beteiligten Werktätigen ist, dann sind
die Gewichte die Marxschen Faktoren und folglich mit der Formierung von t(A)
die Reduktion auf einfache Arbeit bereits vollzogen und u(A) geht nicht als
Kompliziertheitsgrad durch.

> Man kann den Wertbildungsprozess einer medizinischen OP als gewichtete Summe
> etwa gleich langer Arbeitszeiten auffassen, wobei die Gewichte eben die
> Kompliziertheitsgrade sind, die Sie bekämpfen, man kann die OP aber auch als
> Arbeitsprozess eines Gesamtarbeiters auffassen, dessen Dauer sich an der
> Länge der OP misst und dessen Kompliziertheitsgrad eine Durchschnittsgröße
> ist. Diese beiden Modelle widersprechen einander, obwohl sie zu ähnlichen
> Ergebnissen führen werden und obwohl sie die gleiche Grundgleichung (1) und
> die gleiche Interpretation des Proportionalitätsfaktors u voraussetzen.
>
> Die Arbeitswerttheorie muss so allgemein formuliert werden, dass sie all‘
> diese Anwendungen (Modelle) und noch viele mehr möglich macht.

Ich gehe weiter davon aus, dass im von Marx auch schon zu (3.6) entwickelten
Modell die Gültigkeit der Prämisse meiner Aussage angenommen wird.

Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Re: das OP-team
Datum: Fri, 27 Oct 2017 22:46:40 +0200
Von: Georg Quaas

Lieber Herr Gräbe!

Sie übersehen bei Ihrem erneut vorgebrachten Arument zweierlei: (i) die
Summierung geschieht auf der Ebene der Werte. Eine gewichtete gesellschaftlich
notwendige Arbeitszeit gibt es genau genommen nicht (ii) die Gewichte der
Summanden auf der Wertebene sind die Kompliziertheitsgrade. Wegen mir können
Sie die nennen wie Sie wollen. Das hat dann allerdings keine Bedeutung weiter,
weil es nur in ihren Texten verankert ist. – Das kann man so aufschreiben W(a)
= u(A1)t(A1) + u(A2)t(A2) + … + u(An)t(An) oder so W(a) = u(A)t(A) wobei je
nach unterstelltem Modell für den Arbeitsprozess t(A) die Summe der Arbeiten
ist (falls alle gleich kompliziert sind) oder die Zeit des gesamten Prozesses
(wenn alle wie bei einer OP zusammenwirken). – Aber ich wiederhole, was ich
wohl schon zwei oder dreimal erläutert habe.

GQ

—– Original Message —–
From: „Hans-Gert Gräbe“
Sent: Saturday, October 28, 2017 12:49 PM
Subject: Re: das OP-team

Lieber Herr Quaas!

Es ist Zeit für ein erstes Resümee, nachdem ich mit der Methode der
Kampfaufklärung Ihre Deckung etwas erkundet habe, um die von Ihnen so
geschätzte militante Rhetorik einmal selbst zu bemühen.

Ich beziehe mich in diesem Resümee ausschließlich auf die Formel (3.6), deren
Kontext und die Ansprüche an Ihre eigene Darstellung, die Sie in diesem
Zusammenhang in den letzten Mails formuliert haben.

In (3.6) wird ein linearer Zusammenhang postuliert, was zunächst voraussetzt,
dass die Wertebereiche von u und t selbst lineare Räume sind. Ein linearer
Zusammenhang zwischen linearen Räumen kann auf mehrere Weisen definiert werden,
die aber weitgehend äquivalent zueinander sind, wenn man ggf. zu dualen Räumen
übergeht. Der mit * bezeichnete Infixoperator steht also – in größerer
Allgemeinheit – für einen linearen Operator L, den die Physiker gern als L(u,t)
= anschreiben. (3.6) postuliert nun allerdings nicht „eine funktionale
Beziehung zwischen W(a) und t(A)“, sondern eine zwischen W(a), u(A) und t(A),
was, grob gesprochen, eine Invarianzbedingung für L nach sich zieht. Führe ich
hier der Einfachheit halber nicht weiter aus.

Sie gehen nun weiter davon aus, dass die Wertebereiche von u und t
eindimensionale lineare Räume sind. Wenn (3.6) so allgemein sein soll, dass
später auch der „Gesamtarbeiter“ und VGR einschließlich Verflechtungsmatrizen
besprochen werden kann, halte ich diese Annahme für nicht gerechtfertigt. „W(a)
= u(A1)t(A1) + u(A2)t(A2) + … + u(An)t(An)“ setzt auch Mehrdimensionalität
und L als Skalarprodukt voraus.

Ohne diese Annahme ist aber die weitere Argumentation entwertet, insoweit sie
auf Division in Zahlbereichen zurückgreift. In meinem Text habe ich angedeutet,
wie sich einige Argumente retten lassen, wenn die Annahme der
Eindimensionalität fallen gelassen wird.

Müßig anzumerken, dass das mathematische Quaas-Modell die Quaas-Interpretation
von Marx ist, was nicht unbedingt mit Marx‘ Intentionen übereinstimmen muss.
Für mich steht die Frage, ob K1 überhaupt in der Qualität eines mathematischen
Modells fassbar ist, oder ein solcher Versuch bereits den Marx’schen
Intentionen widerspricht. Marx mag ein begnadeter Philosoph und Politökonom
gewesen sein, seine mathematischen Fähigkeiten sind mit Blick auf die
Entwicklung jenes Fachs zu jener Zeit aus meiner Sicht eher als rudimentär zu
bezeichnen. Mathematisch einfache Gedanken vermag Marx oft nur durch
seitenlange Beispielrechnungen zu erläutern. Es könnte also gut sein, dass Marx
in K1 bewusst darauf verzichtet hat, und Begriffe wie „potenziert“ und
„multipliziert“ nicht als Bezüge zu einer mathematischen Theorie aufzufassen
sind, sondern eher philosophisch oder allein demonstrativ gemeint sind. Das
gilt insbesondere für den Potenzbegriff, der philosophisch vielfach überladen
ist, was auf die konnotative Verwendung des Multiplikationsbegriffs abfärbt.
Was von den letzteren Überlegungen stimmt und ob (3.6) den formulierten
Ansprüchen an eine Marxexegese genügt, das mögen die Marxexegeten unter sich
ausmachen.

Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Ausstieg
Datum: Sat, 28 Oct 2017 13:33:38 +0200
Von: Georg Quaas

Liebe (noch) Interessierte an der Werttheorie und (noch) Mitglieder des
Forschungsseminars,

ich hoffe, dass Sie über den halb-öffentlichen Disput zwischen mir und
Koll. Gräbe nicht allzu befremdet sind. Ich persönlich steige an dieser Stelle
aus der Diskussion aus. Diejenigen, die mich kennen, werden sicherlich nicht
annehmen, dass mir die Argumente ausgegangen sind. Meine Begründung ist
einfach: Trotz mehrmaliger Aufforderung (auch privat) geht Koll. Gräbe auf
keines meiner Argumente ein. Mit der letzten Mail schießt er nun den Vogel ab:
Trotzdem er genau weiss, dass mein Modell der ökonomischen Theorie von Karl
Marx durchaus der Komplexität eines modernen Produktionsprozesses gewachsen
ist, da es durchaus Matrizenrechnung und Modelle der IO-Analyse benutzt,
behauptet er hier – wieder ohne einen stichhaltigen Nachweis – das Gegenteil.
Diese Art, ständig neue, unbelegte Behauptungen aufzustellen und die Argumente
des anderen zu irgnorieren, ist einfach nicht der Stil, bei dem ich mich allzu
lange beteiligen will. Ich glaube, meine Zeit und Kraft anders besser verwenden
zu können – zum Teil nach wie vor mit dem Ziel, die ehrwürdige
Arbeitswerttheorie wieder salonfähig zu machen.

Falls Sie Lust haben, können Sie durchaus die Diskussion fortsetzen – hier oder
wo immer Sie mögen. Ich kehre zu meiner früher befolgten Strategie zurück,
H.-G. Gräbe’s Arbeiten zu ignorieren. Der Versuch, ihn auf der Basis
vermeintlicher Gemeinsamkeiten (W=u*t) zu einer Zusammenarbeit zu bewegen, ist
leider gescheitert, nachdem er diese letzte Gemeinsamkeit heute suspendiert
hat.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Quaas

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Betreff: Re: Ausstieg
Datum: Sun, 29 Oct 2017 07:49:56 +0100
Von: Hans-Gert Gräbe

Lieber Herr Quaas!

Auch weiterhin ignorant zu sein steht Ihnen natürlich zu.

Nachsatz coram publico zu meiner Ehrenrettung: Bevor These 1-12 besprochen
werden, muss es erlaubt sein, das Fundament der Argumentation in Augenschein zu
nehmen. Eine mathematische Theorie, die Quaas als Ziel seines Buches entwickeln
möchte, ist weniger „Symbolkomplex“ als vor allem Teil einer „mathematischen
Kultur“. Quaas muss sich deshalb die Frage gefallen lassen, warum seine
Argumentation, in der Linearität eine zentrale Rolle spielt, nicht von Anfang
an (die genaue Stelle hatte ich benannt) in der Sprache der mathematischen
Theorie der linearen Räume formuliert wird, in der es eine Division in der im
Weiteren verwendeten Form nicht gibt.

Dass ich als Sparringpartner einer dogmenhistorischen Debatte nicht geeignet
bin, hatte ich von Anfang an betont.

Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Nächste Sitzung
Datum: Wed, 1 Nov 2017 09:14:47 +0100
Von: Georg Quaas

Sehr geehrt Teilnehmer,

inzwischen sind folgende Papiere aufgelaufen:

H.-G. Gräbe: Arbeitswerttheorie und technologischer Wandel
H.-G. Gräbe: Arbeitswerttheorie und Maschinenfragment
G. Quaas: Produktivität, Kompliziertheitsgrad und Intensität der Arbeit
G. Quaas: Marx‘ Preistheorie und das Transformationsproblem
G. Quaas: Das ABC der Arbeitswerttheorie – eine Einleitung
G. Quaas: Das Erkenntnisproblem

Die nächste Diskussion zum Schwerpunkt Werttheorie sollte am 09. November
stattfinden. F. Fehlberg hat sich bereits entschuldigt. Ich nehme an, die
Teilnahme wird auch davon abhängen, was wir diskutieren wollen. Gibt es
Vorschläge?

G. Quaas

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: AW: Nächste Sitzung
Datum: Tue, 7 Nov 2017 10:36:48 +0100
Von: Prof. Dr. F. Quaas

An alle,

da inzwischen harte Diskussionen gelaufen sind, die vielleicht (wie bei mir)
auch bei anderen Teilnehmern des FS eine gewisse Ratlosigkeit provoziert
haben, plädiere ich im Interesse einer Rückkehr zu einer geordneten Debatte
dafür, dass wir uns darauf besinnen, was am Ende der letzten Sitzung stand.
Wir haben alle den Eindruck gehabt, dass über wichtige werttheoretische
Grundlagen Dissens besteht. Wenn ich mich richtig erinnere, wollten wir
fortfahren, um möglichst Klärungen zu schaffen. Das sollten wir auch tun. Nach
meinem Ermessen ist das ABC-Papier von G. Quaas dafür ein geeigneter Einstieg,
um dann zu dem inhaltlichen Problem von „Produktivität, Kompliziertheitsgrad
und Intensität der Arbeit“ überzugehen.

Beste Grüße
Friedrun Quaas

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Protokoll-Entwürfe
Datum: Fri, 10 Nov 2017 19:03:16 +0100
Von: Georg Quaas

Korrekturwünsche können an mich gerichtet werden.
MfG
GQ

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Re: Protokoll-Entwürfe
Datum: Sat, 11 Nov 2017 08:19:04 +0100
Von: Hans-Gert Gräbe

Sehr geehrter Herr Quaas,

ich bitte um folgende Protokollergänzung als Zusammenfassung meiner
Argumentation (der Einfachheit halber als LaTeX-Text) aus dem vorangegangenen
Mailverkehr, der nach meinem Verständnis als Teil des Seminars zu betrachten
ist.

————————————–

Auf der Ebene der „einfachen Warenproduktion“, die Quaas mit Formel (3.6)
einnimmt, also unter Ausblendung von warenförmigen Vorprodukten und Mehrwert,
reduziert sich in meinem Ansatz (Gräbe 2010) der durch die Matrix $U$ gegebene
lineare Zusammenhang auf die Matrix $B$, welche einen (produktionslogischen)
linearen Zusammenhang zwischen dem Vektor der Arbeitswertkoeffizienten $f$ und
dem Arbeitsaufwandsvektor $y$ vermittelt. Dies spielt sich in
mehrdimensionalen linearen Räumen ab und ist die Basis dafür, dass an dieser
Stelle eine Reduktion auf „einfache Arbeit“ nicht vorgenommen werden muss.

Quaas geht dagegen in (3.6) (implizit) von eindimensionalen Räumen als
Wertebereichen von $u$ und $t$ aus. In einem solchen Kontext muss für einen
Arbeitsprozess $A$, an dem mehrere Lohnarbeiter \emph{verschiedener}
Qualifikation beteiligt sind, die Reduktion auf „einfache Arbeit“ bereits im
Zuge der Formierung von $t(A)$ erfolgen. Siehe dazu auch die Fußnoten 5 und 6
bei Quaas, wo er von der „Summe aller Arbeitszeiten“ schreibt, die im
angegebenen Fall eine gewichtete Summe sein müsse (private Kommunikation).

An dieser Stelle und auf dieser Abstraktionsstufe ergibt sich aber zunächst
nur, dass $t:{\cal A}\to W$ eine Abbildung einer wenig spezifizierten Struktur
${\cal A}$ von Arbeitsprozessen in einen linearen Raum $W$ ist (also letztlich
ein Vektorbündel beschreibt), auf dem $u$ als lineares Funktional $u\in W^\ast$
operiert. Aus einer solchen Perspektive lassen sich sowohl die Sicht des
„Gesamtarbeiters“ als auch die I/O-Matrizen einer volkswirtschaftlichen
Verflechtungsrechnung durch lineare Projektionsoperatoren gewinnen.

Das Problem der „Reduktion auf einfache Arbeit“ gelöst zu haben, wie Quaas
später (S. 244) in anderem Kontext behauptet, in dem er ab Kapitel 8 mit
Matrizen arbeitet, scheitert deshalb am zu engen Kontext von (3.6). Eine solche
Behauptung lässt sich erst dann begründen, wenn von Anfang an konsequent in
mehrdimensionalen linearen Räumen gearbeitet würde. Dann fiele aber Quaas‘
weitere Argumentation nach (3.6) in sich zusammen, insoweit sie auf Quotienten
verschiedener $u$-Aggregate aufbaut.

Insgesamt rächt sich an dieser Stelle, dass Quaas zwar als Ziel formuliert, ein
konsistentes mathematisches Modell der Marxschen Werttheorie zu entwickeln, das
Fundament seiner Theorie aber nicht in der Sprache der mathematischen Theorie
linearer Räume entwickelt wird, was eigentlich naheliegend gewesen wäre, und
damit die ganze Theorie auf tönernen Füßen steht.

————————————–

Hans-Gert Gräbe

——– Weitergeleitete Nachricht ——–
Betreff: Re: Protokoll-Entwürfe
Datum: Sat, 11 Nov 2017 09:05:41 +0100
Von: Georg Quaas

Lieber Kollege Gräbe,

was halten Sie davon, wenn wir die gesamte Diskussion aufs Web stellen? Ihre
heutige Mail wäre dann der relative Abschluss. Dann kann sich jeder selber ein
Bild machen, der sich für die werttheoretische Diskussion interessiert.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Quaas

————–

Von: „Hans-Gert Gräbe“
An: „Georg Quaas“ ; ´…
Betreff: Re: Protokoll-Entwürfe
Datum: Samstag, 11. November 2017 14:46

Lieber Kollege Quaas,

das ist eine sehr gute Idee. Ich schicke Ihnen einen Korpus, den Sie
bitte noch einmal durchsehen, so dass wir dann eine abgestimmte Version
dieser Debatte haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Gert Gräbe

4 Gedanken zu „Arbeitswerttheorie – Gräbe und Quaas diskutieren

  1. Diskussionsbeitrag zur Diskussion von Dr Quaas und Professor Gräbe

    Aus dem veröffentlichten Diskussionsbeitrag und aus dem Beitrag „Arbeitswerttheorie und technologischer Wandel – 2017 – Gräbe“ erkenne ich, dass der Arbeitswertbegriff sowohl beim Herrn Dr. Quaas, als auch beim Herrn Professor Gräbe (ich hoffe, ich habe den Titel richtig aus dem Netz erkannt) zwar als gesellschaftliches Verhältnis benannt, er jedoch wie eine Singularität behandelt wird: Der Wert wird dargestellt als etwas, was auf der Produktionsseite der Waregesellschaft geschaffen und dann auf dem Markt verkauft wird.

    Das kann aus meiner Sicht nicht funktionieren: Der Wert ist ein gesellschaftliches Verhältnis. Ein solches bilden Menschen unter sich heraus, beim Wert sind das die Tauschpartner. Solch ein Verhältnis kann nicht produziert werden.

    In der Produktion können nur die Voraussetzungen für Wertbeziehungen geschaffen werden, die Bezugspunkte von möglichen Wertbeziehungen.

    Ob eine Arbeit wertbildend ist, entscheidet sich erst beim Verkauf der Ware, d. h. auf dem Markt. Zuvor kann es nur einen Erwartungswert geben. Einen solchen berechnet ein Unternehmer mit
    W|erwartet = c|Kostenfaktor; Ersatz erwartet + v|Kostenfaktor; Ersatz erwartet + m|erwartet.
    Wird die Ware nicht verkauft, verbleibt der Arbeit die Qualifizierung als nicht wertbildende, private Arbeit.

    Den Mehrwert muss (!) der Käufer bezahlen und das geschieht erst auf dem Markt, da vorher noch nicht klar ist, in welcher Höhe der Mehrwert bezahlt wird, ob der Käufer überhaupt einen Mehrwert bezahlt oder ob er noch nicht einmal die Kosten von c und v ersetzt.

    Folglich kann die Wertformel für den realen Wert erst auf dem Markt angewendet werden:
    W|real = c|ersetzend + v|ersetzend + m|real.

    Vorher gibt es nur den Erwartungswert, der vom Unternehmer als Angebotspreis mit der Ware verknüpft wird. Auf dem markt wird die Ware zum realen Wert verkauft, der wiederum im Verkaufspreis widergespiegelt wird.

    Die Ware wird beim ökonomischen Tausch dabei immer zum wirklich Wert getauscht. Nur die gemeinsame Wertgröße von Käufer und Unternehmer ist die gesellschaftlich relevante Wertgröße. Alles, was davon abweicht, sind ideelle Wertvorstellungen ohne gesellschaftliche Relevanz als Wertgröße (als Wunsch, als unverbindliche Preisempfehlung usw. können die gesellschaftlich relevant geäußert werden).

    Der Tauschwert bei Marx ist der wirkliche Wert, der Arbeitswert (der „wirkliche“) bei Marx ist der Erwartungswert.

    Die Ausführung von Herrn Professor Gräbe im Beitrag „Arbeitswerttheorie und technologischer Wandel – 2017 – Gräbe“ zur abstrakten Arbeit auf der Produktionsseite der Warengesellschaft ist aus meiner Sicht nicht korrekt:
    Der Unternehmer bildet mit jedem Lohnarbeiter, Angestellten usw. ein Wertverhältnis, in dem die Bezugspunkte der Lohn und die Arbeitskraft sind. Die Wertgröße des Arbeitsverhältnisses entspricht dem Lohn bzw. dem Gehalt. Die Arbeitsergebnisse sind nicht in solch einem Wertverhältnis enthalten. Ob und wie die Arbeitskräfte arbeiten, ist nur als Vorgabe im Arbeitsverhältnis erfasst – bei schlechten Arbeitsergebnissen kann der Unternehmer die Arbeiter im Anschluss entlassen. Die Räumlichkeiten, Maschinen, Hilfsstoffe, die Rohstoffe, die Standard-Bauteile, die vorgefertigten Komponenten, die zu bearbeitenden Produkte sind in jedem Produktionsabschnitt Eigentum des Unternehmers (Kredite, Miete etc. betrachte ich hier nicht gesondert). Es gibt kein Wertverhältnis zwischen den Unternehmer und den Arbeitskräften bezogen auf die Produktionsergebnisse.
    Ein Wertverhältnis bezogen auf die Produktionsergebnisse kann der Unternehmer nur mit Käufer der Waren aufbauen. Nur wenn die Produktionsergebnisse verkauft werden, werden die dafür aufgewandten Arbeiten als wertbildend qualifiziert. Nur über den Markt kann der Unternehmer die Aufwendungen für die Produkte ersetzt bekommen und einen Mehrwert dazu. Nur auf dem Markt können die entsprechenden Wertverhältnisse gebildet werden und damit auch die Werte

    Rainer Lippert

    • Physikalisch betrachtet – und jegliche Arbeit ist nun einmal physikalisch – kann durch Arbeit kein Mehrwert entstehen.

      Kein Arbeitsvorgang kann sich auch nur selbst erhalten, keiner seine eigenen Voraussetzungen schaffen (Verbot des Perpetuum Mobile erster und zweiter Art).

      Jeder Arbeitsvorgang verbraucht mehr als er erzeugt – ob daran nun Menschen beteiligt sind oder nicht (vorindustrielle Getreidemühle, 3D-Drucker, menschenlose Fabrik…)

      Deshalb ist unter diesem Gesichtspunkt auch die Unterscheidung zwischen bezahlter (Koch) und unbezahlter (Koch) Arbeit völlig sinnfrei – jede Lebensäußerung an sich ist Arbeit, und produziert einen durch zusätzliche Arbeit nicht wiederherzustellenden Verlust. Der thermodynamisch erzeugte Arbeitswert – also jeder Arbeitswert – ist NEGATIV.

      Es wird aber ein POSITIVER Arbeits- oder Mehrwert in die monetäre Bilanzen eingetragen – ein Vorzeichenfehler, wenn man so will. Und dadurch, das kann man vermuten, bläht sich jedes monetäre System über seine Schulden – die 1:1 dem Vermögen entsprechen, also in der Summe null darstellen – immer weiter auf, je mehr Arbeit investiert wird; dabei spielt möglicherweise auch die zeitliche Nähe zur Vernichtung der Ergebnisse dieser Arbeit eine Rolle, doch das nur nebenbei.

      Wie bereits angedeutet, spielt es jenseits dessen keine Rolle, ob dabei Menschen, Tiere oder Maschinen zum Einsatz kommen – für Alle gilt das gleiche, eherne und nüchterne Gesetz der Physik. Darf nun die Ökonomie die Physik ignorieren? Wenn nicht, woher rührt dann der nicht phantasierte Über- Mehrwert, der den notwendigen Verlust durch Arbeit mindestens ausgleicht, ohne den das ganze System sofort zum absoluten Stillstand kommen würde? Dieser muß, notwendigerweise, einem nicht- thermodynamischen Vorgang außerhalb der menschlichen Ökonomie entspringen.

      Jeder thermodynamische Arbeitsvorgang – und damit jeder Arbeitsvorgang! – braucht eine Quelle und eine Senke. Die Senke ist die jeweilige Umgebung; die Quellen sind das, was wir „Energiequellen“ nennen – Erdöl, Nahrung, etc. Je näher nun ein Arbeitsvorgang diesen Quellen ist, um so mehr wird deutlich, das die eingesetzte Arbeit (in kWh) deutlich geringer ist – sein muß – als die von der Quelle Arbeits- und damit kostenfrei(!) gelieferte. (Die kostenlose Urquelle aller Energie, und der damit verbundenen negativen Entropie, ist übrigens die Schwerkraft – sie braucht weder Quelle noch Senke, sondern erzeugt diese selbständig durch Selbstorganisation der Materie).

      Soviel dazu. Erst wenn solche realphysikalische Vorgänge quantifiziert in die ökonomische Betrachtung der Arbeit Eingang finden, kann sie – und damit die soziale Frage – auf eine neues Fundament gestellt werden.

      Alles Andere wiederholt nur die bisherigen Zyklen.

  2. Sie operieren mit einem physikalischen Begriff der Arbeit und meinen dabei wahrscheinlich Leistung (Kraft mal Weg). Historisch gesehen handelt es sich um eine Begriffsbildung nach dem Vorbild eines umgangssprachlichen Begriffes, der etwas bezeichnet hat, dass wir heute in der Ökonomik ebenfalls thematisieren und das mit dem physikalischen Begriff inzwischen – lange nach der ersten Industrialisierungsphase (Mechanisierung) – nur noch wenig zu tun hat: die Lohnarbeit. Diese schafft ökonomisch gesehen Werte, darüber besteht bei keiner der konkurrierenden Schulen ein Zweifel. Allerdings werden diese Werte ganz unterschiedlich interpretiert und erklärt.

    M.a.W.: Ihr Kommentar war – voll daneben.

    • Hab‘ mal wieder vorbeigeschaut.

      Voll daneben, nun ja.

      Zitat Wikipedia: „Arbeit (Physik) Arbeit: (Formelzeichen W von englisch work) ist in der Physik die Energie, die durch Kräfte auf einen Körper übertragen wird. Man sagt: „An dem Körper wird Arbeit verrichtet“ oder „Arbeit geleistet“. Das geschieht, indem eine Kraft längs eines Weges auf ihn einwirkt. Die geleistete Arbeit berechnet sich in diesem einfachsten Fall als Produkt aus der in Wegrichtung wirkenden Kraft mit der Wegstrecke. […]

      Die SI-Einheit für Arbeit ist identisch mit der für Energie: das Joule (Einheitenzeichen J). Aus dem Bezug der Arbeit zur Kraft (SI-Einheit Newton) und Leistung (SI-Einheit Watt) ergeben sich die SI-abgeleiteten Einheiten Newtonmeter (Nm)[1] und Wattsekunde (Ws): Es gilt 1 J = 1 Nm = 1 Ws. Häufig werden zudem die Einheiten Wattstunde (Wh) beziehungsweise Kilowattstunde (kWh) verwendet.“

      Leistung wäre somit Arbeit pro Zeit, wenn schon. Sowohl physikalisch als auch umgangssprachlich. Und das ist eben alles KEIN Zufall: Jegliche Tätigkeit, ob entlohnt oder nicht, ist gekennzeichnet durch „Energie, die durch Kräfte auf einen Körper übertragen wird“. Noch einmal: jegliche. Auch KI. Alles Andere ist ökonomische Esoterik.

      Denn Energie ist auf der einen Seite nicht umsonst zu haben, und wer auf der anderen Seite dafür bezahlt wird, nichts zu tun (und davon gibt es genug), produziert weder Wert noch Mehrwert.

      Daß sich die Ökonomik, nach Ihren Worten, davon entfernt und „mit dem physikalischen Begriff inzwischen … nur noch wenig zu tun hat“, ist ja gerade mein Thema. Sie ignoriert die Physik der Arbeit selbst, die Grundlage jeder realen Veränderung.

      Und das tat sie übrigens schon immer und nicht erst seit der Mechanisierung; es ist in dem Zusammenhang bezeichnend, daß Marx in dem Moment die Schaffung des Mehrwerts durch Lohnarbeit postulierte, als eben diese durch die Mechanisierung physikalisch ersetzt wurde – oder liege ich da falsch? Schafft der Einsatz von Maschinen ökonomisch gesehen etwa keine Werte? Keinen Mehrwert?

      Daß nach Ihren Worten über „Lohnarbeit … schafft ökonomisch gesehen Werte“ bei „keiner der konkurrierenden Schulen“ Zweifel besteht, wundert mich ganz und gar nicht. Es ist aber eine Annahme – siehe oben – und zwar physikalisch gesehen (noch einmal meine These: jegliche Tätigkeit, von Tier, Mensch wie Maschine, ist physikalisch!) eine falsche. Auch die Ökonomie sollte die materielle Realität nicht ignorieren, wenn sie mit dieser nicht ständig in Konflikt geraten will.

      „Allerdings werden diese Werte ganz unterschiedlich interpretiert und erklärt“, schreiben Sie. Da stimme ich Ihnen zu. Und das wird aus den genannten Gründen auch zur Freude aller Beteiligten so bleiben. Insbesondere die unterschiedlichen Erklärungen haben es mir angetan.

      Nun, falls es Ihnen angenehm ist, können wir uns ja einmal kurz den möglicherweise unterschiedlichen Mehrwert ein und desselben Arbeitsschrittes erklären, einmal als Lohnarbeit (Lohn=x) und einmal als Sklavenarbeit (Sonderfall x=0); und dann noch einmal von einer lohnlosen Maschine erledigt (und, noch einmal, nur so als Vergleich, durch ein Tier, vielleicht die biologische Herstellung einer Arzenei, oder Milch aus Gras…).

      Ich behaupte schlicht, es gibt keinen Unterschied im Mehrwert, wenn Ausgangslage und Ergebnis gleich sind. Das ist auch eine Erklärung oder Interpretation des Geschehens, so gut wie jede andere.

      Vielleicht wird so ja deutlich, daß jegliche „Arbeit“ physikalisch WIE Ökonomisch einen von Außen auszugleichenden Verlust verursacht, vulgo: Schulden.

      Warum wohl haben die Gesellschaften mit dem größten physikalischen und ökonomischen Umsatz auch regelmäßig die höchsten Schulden, wenn sie diese nicht abschieben können? Und warum wohl werden energiereiche Gesellschaften wohlhabend, solche, die auf die Steigerung menschlicher Arbeit setzen, nicht?

      Bis dahin…

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